WISSENSWERTES | 17.10.2023
Windenergieanlagen: Neuerungen zur finanziellen Beteiligung von Gemeinden
Die finanzielle Beteiligung der Gemeinden an Windenergieanlagen (WEA) stellt einen wichtigen Baustein für die Steigerung der Akzeptanz erneuerbarer Energien auf dem Weg zum 80-Prozent-Ausbauziel im Jahr 2030 dar. Der Bundesgesetzgeber hat hierfür mit § 6 EEG 2023 die bisherigen rechtlichen Grundlagen jüngst weiterentwickelt. Die Neuerungen beinhalten unter anderem die Ausweitung der Beteiligungsmöglichkeiten auf Bestandsanlagen und Anla-gen in der sonstigen Direktvermarktung sowie Klarstellungen zur Betroffenheit einer Gemeinde.
Beteiligung der Gemeinden wünschenswert
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 EEG 2023 sollen Anlagenbetreiber Gemeinden, die von der Errichtung einer WEA mit einer installierten Leistung von 1.000 Kilowatt betroffen sind, finanziell beteiligen. Die Beteiligungsmöglichkeit sieht die Gewährung einer einseitigen Zuwendung ohne Gegenleistung von höchstens 0,2 Cent pro Kilowattstunde der eingespeisten oder fiktiven Strommenge vor. Betroffen sind Gemeinden, deren Gemeindegebiet sich zumindest teilweise innerhalb eines 2.500 m-Umkreises um die Turmmitte der WEA befindet.
Im Vergleich zu § 6 Abs. 1 Satz 1 EEG 2021, in dem es noch hieß, Anlagenbetreiber „dürfen“ eine betroffene Gemeinde beteiligen, ist die Regelung nun als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Der Gesetzgeber sieht damit zwar weiterhin von einer Verpflichtung zur Beteiligung ab, erhöht gleichwohl den Grad der Verbindlichkeit. Bisher bestehende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Beteiligungspflicht dürften indes mit der Entscheidung des BVerfG vom 23. März 2022 zum Bürger- und Gemeindebeteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern ausgeräumt worden sein. In diesem Fall entschied das BVerfG, der Eingriff in die Berufsfreiheit der Anlagentreiber (in Form einer Beteiligungsverpflichtung) sei vor dem Hintergrund der Verbesserung der Akzeptanz für WEA und mit Blick auf Art. 20a GG verhältnismäßig.
Praxistipp: Strafrechtlichen Hintergrund (Vorteilsannahme und -gewährung) im Blick behalten
Im Rahmen unserer Beratungspraxis erleben wir nach wie vor erhebliche Unsicherheit im Umgang mit § 6 EEG 2023. Den betroffenen Akteuren stellen sich insbesondere Fragen hinsichtlich der rechtssicheren Ausgestaltung von Selbstverpflichtungserklärungen und Vereinbarungen über Zuwendungen sowie Fragen zur richtigen Kommunikation. Nach unserer Einschätzung ist es jedenfalls wichtig, den strafrechtlichen Hintergrund des § 6 EEG 2023 nicht aus dem Auge zu verlieren: Wie § 6 Abs. 4 Satz 3 und 4 EEG 2023 klarstellt, gelten Angebote zum Abschluss einer Vereinbarung zur Erlösbeteiligung und die Vereinbarungen selbst nämlich nicht als Vorteil im Sinne der §§ 331 bis 334 StGB. § 6 EEG 2023 stellt folglich einen gesetzlichen Erlaubnistatbestand für eine ansonsten gerade im öffentlich-rechtlichen Kontext strafbewehrte Handlung (Vorteilsannahme bzw. Vorteilsgewährung) dar. Diese Wirkung tritt jedoch nur dann ein, wenn die Bestimmungen des § 6 EEG 2023 akribisch beachtet werden.
Einnahmen verbleiben zweckungebunden bei Gemeinden
Wird eine WEA erfolgreich umgesetzt, verbleiben die hieraus fließenden Zuwendungen nach § 6 EEG 2023 bei der betroffenen Gemeinde. Sie sind nicht im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu berücksichtigen, da sie keine steuerlichen Einnahmen darstellen, die bei der Berechnung der Steuerkraft der Gemeinde heranzuziehen sind. Die Gemeinde kann zweckungebunden über die Mehreinnahmen verfügen.
Fazit
Die finanzielle Beteiligung nach § 6 EEG 2023 ist sowohl für Betreiber von WEA als auch für die betroffenen Gemeinden eine gute Möglichkeit, die Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energien vor Ort zu erhöhen. Zugleich können damit mehrjährig planbare Einnahmen für den Gemeindehaushalt akquiriert werden.
Interessierte Akteure beraten wir hierzu gern vor Ort oder an einem unserer Standorte in Dresden, Leipzig und Chemnitz.