WISSENSWERTES | 09.10.2023

Paragraph 13b BauGB mit Europarecht unvereinbar – welche Folgen ergeben sich für Bebauungsplanverfahren?

 

Wie bereits von uns berichtet, hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit Urteil vom 18. Juli 2023 (Az. 4 CN 3/22) entschieden, dass § 13b BauGB gegen Regelungen der SUP-Richtlinie (Richtlinie 2021/42/EG) verstößt und daher aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts nicht mehr angewendet werden darf.

 

Zwischenzeitlich wurden vom BVerwG die Urteilsgründe veröffentlicht.

 

Das BVerwG stellt darin fest, dass § 13b BauGB den strengen Anforderungen der SUP-Richtlinie nicht gerecht werde. Nach Art. 3 Abs. 5 Satz 1 SUP-Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass sämtliche Pläne, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, einer Umweltprüfung unterzogen werden. Durch eine weite und umfassende Umschreibung der Voraussetzungen muss gewährleistet werden, dass für jeden möglichen Einzelfall erhebliche Auswirkungen durch den Plan ausgeschlossen sind. Eine typisierende Betrachtungsweise, die Ausnahmen hinnehme, sei unzureichend.

 

Nach diesen Maßstäben werde in § 13b BauGB die Überplanung von Außenbereichsflächen ohne Umweltprüfung durch eine unzulässige Typisierung zugelassen. Mit der Begrenzung der Grundfläche (unter 10.000 m2), der Beschränkung auf Wohnnutzung und dem Anschluss der überplanten, im Außenbereich gelegenen Fläche an im Zusammenhang bebaute Ortsteile könnten erhebliche Umweltauswirkungen nicht in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen werden. Durch diese normierten Kriterien sei nicht per se ausgeschlossen, dass die potentiell betroffenen Flächen eine hohe ökologische Wertigkeit haben, wie z. B. Feuchtwiesen oder Magerwiesen. Solche besonders schützenswerte Flächen im Außenbereich könnten jedoch die Grenze für eine Siedlungstätigkeit markieren. Dies werde in der Ausgestaltung des § 13b BauGB nicht berücksichtigt.

 

Folgen der Entscheidung für die Praxis

 

Sowohl noch laufende Aufstellungsverfahren nach § 13b BauGB als auch bereits in Kraft getretene Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt wurden, sind von der gerichtlichen Entscheidung betroffen.

 

In laufenden Aufstellungsverfahren kann die Nachholung der Umweltprüfung und die Erstellung eines Umweltberichtes unter Wiederholung einer entsprechenden Öffentlichkeitsbeteiligung notwendig werden. In diesem Zusammenhang wird auch zu beachten sein, inwieweit in den laufenden Verfahren bereits eine Auseinandersetzung mit Umweltbelangen stattgefunden hat.

 

Bei bereits abgeschlossenen Planverfahren nach § 13b BauGB ist insbesondere die für die Geltendmachung von Rechtsverletzungen vorgesehene Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB zu berücksichtigen. Aber auch nach Ablauf der Jahresfrist wird noch zu prüfen sein, ob die unterlassene Umweltprüfung beispielsweise zu einem beachtlichen Fehler im Abwägungsergebnis (§ 1 Abs. 7 BauGB) geführt haben könnte.

 

Darüber hinaus können sich unter Umständen auch Auswirkungen auf bereits erteilte oder beantragte Baugenehmigungen ergeben. Für die Beurteilung ist der konkrete Einzelfall in den Blick zu nehmen.

 

Bei Fragen kommen Sie gern auf uns zu. Wir beraten Sie umfassend zu allen in Betracht kommenden Auswirkungen der Entscheidung des BVerwG.


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