WISSENSWERTES | 28.08.2023

BVerwG: Paragraph 13b BauGB mit Europarecht unvereinbar – Beschleunigte Verfahren für Wohnungsbau im Außenbereich rechtswidrig

 

Mit Urteil vom 18. Juli 2023 (Az. 4 CN 3/22), hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass § 13b BauGB gegen europarechtliche Regelungen der sog. SUP-Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (Richtlinie 2001/42/EG), verstößt.

 

Wegen des Vorrangs des Unionsrechts darf die Vorschrift daher nicht mehr angewendet werden.

 

Beschleunigtes Verfahren für Wohnungsbau im Außenbereich

 

Mit Blick auf den vielerorts angespannten Wohnungsmarkt sollte § 13b BauGB durch die Einbeziehung von Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren zu einer Erleichterung des Wohnungsbaus führen.

 

Die Kommunen durften danach Außenbereichsflächen von bis zu 10.000 Quadratmetern, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, in einem beschleunigten Verfahren für Wohnbauvorhaben überplanen. Das beschleunigte Verfahren zeichnete sich insbesondere durch den Verzicht auf die sonst im Regelverfahren erforderliche Umweltprüfung aus. Die Vorschrift verweist insoweit auf die Parallelvorschrift für den Innenbereich nach § 13a BauGB.

 

Der Verzicht auf die Umweltprüfung ist nach der Entscheidung des BVerwG nun nicht mehr möglich.

 

Verfahrensgang

 

Im dortigen Verfahren hatte eine Umweltvereinigung im Wege der Normenkontrolle einen Bebauungsplan für ein ca. 3 ha großes Gebiet am Ortsrand beanstandet, der im planungsrechtlichen Außenbereich ein (eingeschränktes) allgemeines Wohngebiet vorsah. Der Bebauungsplan war im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB ohne Umweltprüfung aufgestellt worden. Der Verwaltungsgerichtshof Mannheim wies den Normenkontrollantrag mit Urteil vom 11. Mai 2022 (Az. 3 S 3180/19), als unbegründet ab.

 

Entscheidung des BVerwGs

 

Das sieht das BVerwG anders. Es hat das Urteil aufgehoben und den Bebauungsplan für unwirksam erklärt, weil er zu Unrecht im beschleunigten Verfahren erlassen worden sei. Denn § 13b BauGB verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 der SUP-RL. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfe der nationale Gesetzgeber nur dann von dem Erfordernis einer Umweltprüfung befreien, wenn er durch die Ausgestaltung der Norm gewährleistet, dass erhebliche Umweltauswirkungen in jedem Fall von vornherein ausgeschlossen sind. Eine typisierende Betrachtungsweise oder Pauschalierung sei hierfür nicht ausreichend.

 

Diesen Anforderungen werde § 13b Satz 1 BauGB nicht gerecht. Es sei nicht ausreichend sichergestellt, dass Umweltauswirkungen für die in Bezug genommenen Flächen in jedem Fall und von vornherein ausgeschlossen sind. Das gelte insbesondere wegen der unterschiedlichen bisherigen Nutzung der potentiell betroffenen Flächen und der Bandbreite ihrer ökologischen Wertigkeit.

 

Hinweise für die Praxis

 

Die Urteilsbegründung des Gerichts liegt derzeit noch nicht vor, weshalb noch keine abschließende Einschätzung vorgenommen werden kann. Mit der Veröffentlichung ist aber in den nächsten Wochen zu rechnen.

 

Dennoch lassen sich schon jetzt einige praktische Folgen absehen:

 

§ 13b BauGB darf aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts nicht mehr angewendet werden. Betroffen sind sowohl noch laufende Aufstellungsverfahren als auch bereits in Kraft getretene Bebauungspläne, die im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB aufgestellt wurden. Letztgenannte könnten nunmehr im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens oder einer inzidenten Normenkontrolle für unwirksam erklärt werden.

 

Wir werden in Kürze weiter berichten.

 

Bei Fragen kommen Sie gerne auf uns zu!


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