WISSENSWERTES | 15.11.2023
Paket zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung – lahme Ente oder wichtiger Schritt für mehr Wohnraum?
Vor knapp zwei Monaten hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag seine Idee für einen „Deutschlandpakt“ vorgestellt. Nun hat er mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 6. November 2023 einen „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ vereinbart.
Dieses Paket enthält etwa 100 neue Einzelregelungen und ist mit Normen verknüpft, welche die Bundesregierung in den vergangenen Wochen und Monaten bereits auf den Weg gebracht hatte. Insofern soll er nicht isoliert wirken, sondern in Kombination mit vorhandenen Maßnahmen, beispielsweise beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Der „Pakt für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ soll zur Verschlankung von Verfahren führen, indem das Recht modernisiert sowie Prüfschritte in Genehmigungsverfahren reduziert und standardisiert werden. Flankiert werden soll die Beschleunigung durch eine stärkere Digitalisierung im Genehmigungsverfahren und die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI).
Neues Instrument: Einheitlicher Baustandard
Beschlossen wurden unter anderem Maßnahmen für einen einheitlichen Baustandard, durch den Projekte schneller realisiert werden können. Das erklärte Ziel besteht darin, die Knappheit an Wohnraum zu überwinden.
Hierdurch werden Überarbeitungen des Baugesetzbuchs (BauGB) und der Landesbauordnungen erforderlich. Dabei sollen insbesondere folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
– Durch eine befristete Sonderregel des § 246e BauGB soll für mehr Tempo beim Wohnungsbau gesorgt werden. Wenn die Gemeinde vor Ort ihr Einverständnis erklärt, soll in besonderen Fällen auf einen Bebauungsplan verzichtet werden.
– Die Länder sollen für die Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau befristet bis 2026 eine bundeseinheitliche Genehmigungsfiktion von drei Monaten einführen. Werden Bauanträge im vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht innerhalb dieser Frist entschieden, gilt die beantragte Genehmigung als erteilt.
– Der Ausbau von Dachgeschossen soll vorangetrieben werden. Deren Umnutzung soll schneller und unkomplizierter gestaltet werden. Geplant ist es, dass die Länder Nutzungsänderungen von Dachgeschossen zu Wohnzwecken in ihren Landesbauordnungen unter bestimmten Bedingungen genehmigungsfrei stellen.
– Beim Umbau sowie der Aufstockung von Wohnraum soll die Kfz-Stellplatzpflicht entfallen. Um- und Ausbauten des Wohnungsbestandes sollen künftig nicht mehr an Stellplätzen scheitern. Die Länder sollen hierzu die Kfz-Stellplatzanforderungen im Bauordnungsrecht vereinheitlichen.
– Mit der Einführung eines Gebäudetyps E soll das Bauen einfacher und schneller werden. Hierzu will der Bund zivilrechtliche Aspekte im Bereich der transparenten Vertragsgestaltung und -praxis in den Blick nehmen, um den am Bau Beteiligten ein vereinfachtes Bauen zu ermöglichen. Bis Ende des Jahres soll eine „Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E“ vorgelegt werden.
– Es soll mehr Wohnraum geschaffen werden, indem bereits einmal erteilte Typengenehmigungen für serielles und modulares Bauen jetzt bundesweit etabliert werden. Das soll eine echte Beschleunigung herbeiführen. Die Länder sollen regeln, dass bereits einmal erteilte Typengenehmigungen für das serielle, modulare und systemische Bauen bundesweite Gültigkeit erhalten.
Weitere Maßnahmen sind in den Bereichen der Errichtung von Windrädern oder hinsichtlich des Abbaus bürokratischer Vorgaben bei Infrastrukturprojekten, wie Autobahnen und Schienentrassen, vorgesehen.
Fazit
Mit den jetzt vorgestellten Maßnahmen hat der Bund-Länder-Pakt einen wünschenswerten Ansatzpunkt für eine Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren geschaffen, der sich freilich in seiner konkreten Umsetzung an die Länder richtet. Es bleibt daher abzuwarten, ob die beschriebenen Maßnahmen tatsächlich aufgegriffen und umgesetzt werden, so dass echte und spürbare Erleichterungen und Zeitgewinne erfolgen. Leider steht – wie so oft – zu befürchten, dass den föderalen Normgebern „auf den letzten Metern“ der Mut fehlen wird, wirklich innovative Wege zu beschreiten. In jedem Fall sind neue regulatorische Vorgaben sicher. Für deren juristische Einordnung und Anwendung auf das einzelne Projekt sind wir gern Ihr Ansprechpartner.