WISSENSWERTES | 08.02.2016
Novelle der Sächsischen Bauordnung (SächsBO)
Zum 1. Januar 2016 ist das Zweite Gesetz zur Änderung der Sächsischen Bauordnung (SächsBO) in Kraft getreten (SächsGVBl. S 670). Es dient im Wesentlichen der seit Jahren ausstehenden Anpassung des sächsischen Bauordnungsrechts an die zuletzt im Jahr 2012 geänderte Musterbauordnung. Die Novelle der SächsBO hat zu über 40 Neuerungen geführt, von denen hier nur einzelne Aspekte vorgestellt werden können.
Regelungsbefugnis der Gemeinden zur Stellplatzpflicht (Kommunalisierung)
Eine wichtige Änderung ist mit den Neuregelungen in §§ 49, 89 Abs. 1 Nr. 4 SächsBO ver-bunden. Bisher musste der Bauherr mit dem Bauantrag nachweisen, dass er für sein Bauvorhaben die in der landeseinheitlichen Richtwerttabelle vorgegebene Anzahl von Kfz- und Fahrradstellplätzen errichten wird. Für den Fall, dass dies nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten möglich ist, bestand bisher lediglich die Möglichkeit, eine Stellplatzablöse zu entrichten, deren Höhe die Gemeinden in Stellplatzsatzungen festlegen konnten. Seit dem 1. Januar 2016 können die Gemeinden gemäß § 89 Abs. 1 Nr. 4 SächsBO nunmehr in der Stellplatzsatzung auch bestimmen, ob sowie in welcher Zahl, Größe und Beschaffenheit Stellplätze überhaupt errichtet werden müssen. Diese Regelungen haben dann gemäß § 49 Abs. 1 SächsBO Vorrang vor den Vorgaben der Richtwerttabelle. Damit wird den Gemeinden ein deutlich weitergehender Spielraum bei der Parkraumbewirtschaftung verschafft als bisher. Zugleich wird das Bauen in verdichteten innerstädtischen Bereichen erleichtert, wo die Herstellung von Stellplätzen mitunter unwirtschaftlich oder mit ortsgestalterischen Gesichts-punkten schwer vereinbar ist.
Öffentlichkeitsbeteiligung im Baugenehmigungsverfahren, materielle Präklusion
Weitreichende Neuerungen haben sich durch § 70 Abs. 4 und Abs. 5 SächsBO ergeben. Nach § 70 Abs. 4 SächsBO kann auf Antrag des Bauherrn nun erstmals ein Baugenehmi-gungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde die mit dem Bauantrag eingereichten Unterlagen für einen Monat zur öffentlichen Einsichtnahme bereit hält und hierüber in ihrem Veröffentlichungsblatt und in örtlichen Tageszeitungen informiert. Die Öffentlichkeitsbeteiligung wird in einer an das Genehmigungsverfahren nach dem BImSchG angelehnten Form durchgeführt. Wichtig ist, dass gemäß § 70 Abs. 4 Satz 3 SächsBO alle öffentlich-rechtlichen Einwendungen gegen das Vorhaben präkludiert sind, wenn der betroffene Grundstücksnachbar diese trotz ordnungs-gemäßer Bekanntmachung über die Öffentlichkeitsbeteiligung nicht binnen Monatsfrist vor-gebracht hat.
Erfasste Vorhaben
Eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 70 Abs. 4 SächsBO kommt nur für besonders immis-sionsträchtige Vorhaben in Betracht, die die Interessen mehrerer benachbarter Grundstückseigentümer berühren. Wenn das Bauvorhaben eine solche potenziell konfliktträchtige Anlage betrifft, kann der Bauherr jetzt auswählen, ob er die Öffentlichkeitsbeteiligung durchführen möchte.
Vorhaben im Achtungsabstand von Störfallbetrieben
Kein Wahlrecht hat er hingegen bei der Genehmigung von Bauvorhaben, die unter § 74 Abs. 5 SächsBO fallen. Für die hiervon erfassten Vorhaben ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung obligatorisch, wenn diese innerhalb eines Achtungsabstandes eines Betriebsbereichs im Sinne von § 3a BImSchG („Störfalllbetriebe“) liegen oder geplant sind. Betroffen sind aber nur die in § 74 Abs. 5 SächsBO ausdrücklich aufgeführten Vorhaben, zu denen u.a. Wohngebäude gehören, wenn mit dem Vorhaben Nutzungseinheiten mit einer Größe von insgesamt mehr als 5.000 m² Bruttogrundfläche geschaffen werden, sowie öffentlich zugängliche Anlagen, die gleichzeitig von mehr als 100 Besuchern genutzt werden können.