WISSENSWERTES | 13.05.2020

Neuerlicher Prozesserfolg für PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER: 800 qm-Verkaufsflächengrenze für alle Einzelhandelsgeschäfte in Sachsen vorläufig unwirksam

 

Eilentscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen vom 12. Mai 2020

 

Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat gestern in vier Parallelverfahren entschieden und § 8 Abs. 1 Satz 1 sowie § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der aktuellen Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 30. April 2020 vorläufig außer Vollzug gesetzt.

 

Die Vorschriften seien zu unbestimmt, nicht systemgerecht und führten zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Damit folgt das Gericht der Argumentation der wiederum von PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER vertretenen Antragsteller, die schon zuvor, am 30. April 2020, mit PHP einen Prozesserfolg gegen Teile der Vorgängervorschrift vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof erzielen konnten.

 

Folge der Entscheidung – Keine Flächenbegrenzung für Geschäfte in Sachsen

 

Unmittelbare Folge ist, dass die in der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung geregelte Verkaufsflächenbegrenzung auf maximal 800 m² ab sofort für alle Einzelhandelsgeschäfte im Freistaat Sachsen nicht mehr wirksam ist.

 

In Ihrer gestrigen Pressekonferenz hat die Staatsregierung dies unter Bezugnahme auf die Gerichtsentscheidung bestätigt.

 

Weitere Folge – Entschädigungspflicht

 

Für das verfassungs- und rechtswidrige Handeln ist der Staat nach allgemeinem Staatshaftungsrecht entschädigungspflichtig (vgl. dazu bereits unsere Blogbeiträge vom 4. Mai 2020 und 20. März 2020). Die erlittenen wirtschaftlichen Verluste der Betroffenen müssen ausgeglichen werden.

 

Erfolgreiche Entschädigungsansprüche setzen allerdings voraus, dass der Anspruchsteller sich zuvor mit zumutbaren Rechtsbehelfen gegen die verfassungswidrigen Maßnahmen des Staates gewendet hat. Einen Rechtsanspruch auf Entschädigung hat somit – trotz der allgemeinen Unwirksamkeit der Flächenbegrenzung aus § 8 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – nicht jeder wirtschaftlich Betroffene, sondern nur derjenige, der zumindest versucht hat, das ihn betreffende Verbot vorläufig außer Vollzug setzen zu lassen.

 

Konsequenzen für die Zukunft – Rechtliche Grenzen für „verschärfende Maßnahmen“ in “hot spots“

 

Die beiden Entscheidungen des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Bautzen definieren klare Regelungsvorgaben für den Verordnungsgeber und die Behörden auch in Zukunft: Einschränkungen von Freiheitsrechten müssen plausibel, funktionsfähig und widerspruchsfrei sein. Außerdem darf wesentlich Gleiches nicht ungleich behandelt werden. Das gilt vor allem, wenn in einigen Bereichen Lockerungen zugelassen werden, in anderen aber (noch) nicht. Solche Differenzierungen enthält auch der Entwurf der kommenden, ab 15. Mai 2020 geltenden Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung. Zudem sind dort „verschärfende Maßnahmen“ vorgesehen, die Landkreise und kreisfreie Städte anzuordnen haben, wenn es zu einem räumlich begrenzten Anstieg der Infektionszahlen kommen sollte („hot spots“). Das Handeln der Behörden vor Ort muss sich dann ebenfalls an den genannten Maßstäben messen lassen.

 

Für Fragen kommen Sie gern auf uns zu.


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