WISSENSWERTES | 21.03.2016
Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren
Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren können der Einkommensteuer unterliegen
Mit Urteil vom 16. September 2015 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Gewinne aus der Teilnahme an Pokerturnieren als Einkünfte aus Gewerbebetrieb der Einkommenssteuer unterliegen können, wenn die Merkmale der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht erfüllt sind (Urteil des BFH vom 16. September 2015, Az.: X R 43/12).
Steuerbare Einkünfte aus Gewerbebetrieb
Im zugrundeliegenden Verfahren hatte der Kläger – ein angestellter Flugkapitän – nach den Feststellungen der Vorinstanz über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg aus der Teilnahme an Pokerturnieren teils erhebliche Preisgelder erzielt, die sich insgesamt im niedrigen siebenstelligen Bereich bewegten. Für den Veranlagungszeitraum 2008 schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen und setzte in der Einspruchsentscheidung die Einkünfte des Klägers aus der Teilnahme an Pokerturnieren als Gewinn aus Gewerbebetrieb an. Mit Zwischenurteil vom 31. Oktober 2012 hat das Finanzgericht Köln als Vorinstanz entschieden, dass die Einkünfte des Klägers aus den Preisgeldern einkommenssteuerbar sind (Finanzgericht Köln; DStRE 2013, 198). Diese Beurteilung hat der BFH im Revisionsverfahren bestätigt. Die Revision des Klägers war unbegründet und die im Streitjahr erzielten Preisgelder aus der Teilnahme an Pokerturnieren seien als gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG steuerbar.
Kein reines Glücksspiel
Nach Auffassung des BFH hat der Kläger am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen. Das Finanzgericht habe in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass der Kläger den Veranstaltern der von ihm besuchten Pokerturniere – wie jeder andere Teilnehmer auch – die öffentliche Darbietung seiner spielerischen Fähigkeiten antrug und ihm hierfür als Entgelt ein von seiner Platzierung abhängiges Preisgeld in Aussicht gestellt wurde. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil in der bisherigen BFH-Rechtsprechung der dafür erforderliche Leistungs- oder Güteraustausch abgelehnt worden ist, wenn die vom Steuerpflichtigen ausgeübte Tätigkeit als reines Glücksspiel zu qualifizieren war. Im vorliegenden Verfahren hat die Vorinstanz festgestellt, dass die vom Kläger gespielten Pokervarianten („Texas Holdem“, „Limit Omaha“) nicht als reines Glücksspiel anzusehen seien, sondern schon bei einem durchschnittlichen Spieler das Geschicklichkeitselement nur wenig hinter dem Zufallselement zurücktrete. An diese tatsächliche Schlussfolgerung aus den von der Vorinstanz ebenfalls festgestellten Anknüpfungstatsachen sah sich der BFH gebunden.
Keine private Vermögensverwaltung
Im Übrigen habe der Kläger durch seine Betätigung als Turnierpokerspieler den Rahmen privater Vermögensverwaltung überschritten. Insbesondere befriedigte er durch die Turnierteilnahmen nicht allein seine privaten Spielbedürfnisse gleich einem Freizeit- oder Hobbyspieler, sondern es rückten insofern die strukturell-gewerblichen Aspekte (regelmäßige Teilnahme an großen, auch im Ausland ausgetragenen Turnieren, Umfang der jährlich bzw. über die Jahre hinweg erzielten Preisgelder und nicht unerhebliche „Buy-Ins“, vertragliche Einkleidung der Turnierteilnahme, produktbezogene mediale Präsenz bzw. Vermarktung der eigenen Person und Fähigkeiten) entscheidend in den Vordergrund.
Fazit:
Der BFH bestätigt in dem nunmehr vorliegenden Urteil die Auffassung des Finanzgerichts, dass Poker – unabhängig von der konkreten Gewichtung der Bestandteile, die noch dazu zwischen den einzelnen Spielvarianten variieren mögen – unbestritten einen erheblichen Geschicklichkeitsanteil aufweist und damit nicht ohne Weiteres den Glücksspielbegrifflichkeiten (§§ 284ff. StGB; 3 GlüStV) zuzuordnen ist. Für die einkommenssteuerrechtliche Bewertung kam es darauf im Streitfall allerdings nicht an. Die Vorsitzende des X. Senats des BFH hatte bereits in der mündlichen Urteilsbegründung erläutert, dass das EStG die Besteuerung weder in positiver noch in negativer Hinsicht an den Tatbestand des „Glücksspiels“ knüpft. Feststeht allerdings auch, dass nicht jeder Turnierpokerspieler steuerrechtlich als Gewerbetreibender zu qualifizieren ist. Für die rechtliche Bewertung kommt es insoweit jeweils entscheidend auf eine Abgrenzung zwischen einer am Markt orientierten einkommensteuerbaren Tätigkeit und einem nicht steuerbaren Verhalten an. Diese Abgrenzung orientiert sich steuerrechtlich an den Merkmalen der Nachhaltigkeit und der Gewinnerzielungsabsicht sowie einer möglichen Abgrenzung zur privaten Vermögensverwaltung.
Eines macht die vorliegende Entscheidung des BFH allerdings erneut deutlich: Ein gesonderter gesetzlicher Rahmen für die gemischten Spiele wie Poker, der sich von demjenigen der originären Glücksspiele wie z.B. Lotto oder Roulette zumindest in Teilen abhebt, ist mittelfristig unausweichlich. Die Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man einmal den untauglichen Versuch unternimmt, die vorliegende BFH-Entscheidung auf den „professionellen Roulettespieler“ zu übertragen.