WISSENSWERTES | 02.04.2024

Schulungsanspruch des Betriebsrats – Webinar oder Präsenzschulung?

 

Betriebsräte haben nach den Vorschriften des BetrVG umfangreiche Schulungsansprüche gegen den Arbeitgeber. Dabei steht häufig nicht nur in Streit, ob eine Schulung überhaupt erforderlich ist, damit der Betriebsrat seinen Aufgaben nachkommen kann. Oft wird auch darüber gestritten, ob die Schulung als (teureres) externes Seminar oder nicht doch als (kostengünstigere) Inhouse-Schulung am Ort des Betriebs stattfinden kann.

 

Im Zuge der fortschreitenden Digitalisierung der letzten vier Jahre haben die Anbieter von Betriebsratsschulungen auch Webinare in ihr Angebot aufgenommen. Für den Arbeitgeber ist es vorteilhaft, wenn Betriebsräte ein Webinar buchen. Es fallen dann weder Reise- noch Übernachtungs- und Verpflegungskosten an. Die Seminargebühren sind insgesamt erheblich günstiger. Aber muss sich der Betriebsrat darauf verweisen lassen, ein Webinar zu buchen oder hat er die freie Wahl zwischen einem Online- und einem Präsenzangebot?

 

Über diese Frage hatte jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 7. Februar 2024, Az: 7 ABR 8/23 zu entscheiden.

 

Bei der Arbeitgeberin, einer Fluggesellschaft, besteht eine Personalvertretung, deren Schulungsanspruch sich nach dem BetrVG richtet. Die Personalvertretung entsandte zwei ihrer Mitglieder zu einer mehrtägigen Schulung über die Grundlagen des BetrVG nach Potsdam. Die Arbeitgeberin zahlte die Seminargebühren, aber nicht die Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Sie meinte, für den gleichen Zeitraum habe derselbe Schulungsanbieter ein inhaltsgleiches Webinar angeboten, an dem die Mitglieder der Personalvertretung hätten teilnehmen können.

 

Die Personalvertretung machte klageweise die Zahlung auch der Übernachtungs- und Verpflegungskosten gegen die Arbeitgeberin geltend. Der Antrag hatte in allen drei Instanzen Erfolg.

 

Weiter Ermessensspielraum des Betriebsrats

 

Das BAG hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Personalvertretung ebenso wie ein Betriebsrat einen gewissen Ermessensspielraum habe, zu entscheiden, zu welchen Schulungen die Mitglieder entsandt werden sollen. Dazu gehöre auch die Auswahl des Schulungsformats. Die Personalvertretung habe daher nicht allein deshalb das Webinar buchen müssen, weil es günstiger sei.

 

Praxistipp

 

Das BAG bestätigt den weiten Ermessensspielraum von Personal- und Betriebsräten bei der Auswahl von Schulungen. Die Kostenfrage ist in der Praxis häufiges Streitthema. Arbeitgeber sollten hier, wenn ihnen die Kosten unangemessen hoch erscheinen, gemeinsam mit dem Betriebsrat nach einer Lösung suchen. Diese könnte z.B. darin bestehen, alle Betriebsratsmitglieder zum gleichen Zeitpunkt in einer Inhouse-Schulung schulen zu lassen oder zu vereinbaren, dass eine externe Schulung in örtlicher Nähe zum Betriebsort stattfindet. Hierfür ist allerdings die Kompromissbereitschaft beider Parteien unerlässlich.


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