WISSENSWERTES | 13.02.2017
Novelle zur Vergabe von Konzessionsverträgen in Kraft getreten
Am 3. Februar 2017 ist das langerwartete Gesetz zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung (§§ 46 ff. EnWG) in Kraft getreten. Der Gesetzgeber verfolgt damit das Ziel, die Rechtssicherheit bei der Neuvergabe von Strom- und Gaskonzessionsverträgen zu verbessern. Neben echten Neuerungen beschränkt sich die Gesetzesänderung teilweise auch darauf, die für die Praxis infolge der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohnehin bereits geltende Rechtslage klarstellend in das Gesetz aufzunehmen.
Neuerungen im Überblick
Auf Folgendes haben die jeweiligen Beteiligten – Gemeinden, Netzbetreiber und Mitbewerber – in Zukunft besonders zu achten:
- Der in § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG a.F. geregelte Auskunftsanspruch der Gemeinde gegen den Netzbetreiber in Bezug auf die zu übermittelnden Netzdaten wurde im neu geschaffenen § 46a EnWG konkretisiert. Hier wurde die Rechtsprechung des BGH aus seinem Urteil vom 14. April 2015, Az. EnZR 11/14, umgesetzt.
- § 46 Abs. 4 Satz 4 EnWG schreibt nun eine Interessenbekundungsfrist von mindestens drei Monaten in der Bekanntmachung der Gemeinde vor.
- Bei der der Aufstellung und Gewichtung der Auswahlkriterien steht der Gemeinde wie bisher ein Ermessensspielraum zu, wobei die Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG weiter vorrangig zu berücksichtigen sind. Gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 EnWG können unter Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz, auch Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft berücksichtigt werden. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 EnWG ist die Gemeinde berechtigt, bei der Gewichtung der einzelnen Auswahlkriterien den Anforderungen des jeweiligen Netzgebietes Rechnung zu tragen.
- Mit § 47 Abs. 2 EnWG wird eine zeitlich abgestufte Rügeobliegenheit für Bewerber eingeführt. Verspätete Rügen von Verfahrensfehlern sind mit Fristablauf präkludiert, vgl. § 47 Abs. 1 EnWG. In bereits laufenden Verfahren können Gemeinden das neue Rüge-Regime auch noch nachträglich in Kraft setzen. Damit Bewerber ihre Rügen vorbereiten können, haben sie gemäß § 47 Abs. 3 EnWG ein Recht auf Akteneinsicht. Hilft die Gemeinde der Rüge nicht ab, muss der Bewerber gemäß § 47 Abs. 5 EnWG innerhalb von 15 Tagen eine einstweilige Verfügung beantragen. Im einstweiligen Verfügungsverfahren braucht ein Verfügungsgrund nicht glaubhaft gemacht zu werden. Der maximale Streitwert für die einstweilige Verfügung wurde im Gerichtskostengesetz auf 100.000 Euro festgesetzt.
- § 46 Abs. 5 Satz 1 EnWG verpflichtet die Gemeinde, unterlegene Bewerber über die Gründe der vorgesehenen Ablehnung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsschlusses zu informieren.
- Die Pflicht zur Fortzahlung der Konzessionsabgaben nach Ablauf des Konzessionsvertrages bleibt gemäß § 48 Abs. 4 Satz 1 EnWG über die bislang geltende Jahresfrist bis zur Übertragung der Verteilungsanlagen bestehen, wenn die Gemeinde ein Konzessionsvergabeverfahren durchgeführt hat.
- § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG legt nunmehr den objektivierten Ertragswert der Verteilungsanlagen als Regelfall der wirtschaftlich angemessenen Vergütung fest. Die Energieversorgungsunternehmen können sich gemäß § 46 Abs. 5 Satz 5 aber auch auf eine anderweitig basierte Vergütung einigen.
Fazit
Viele Regelungen der Novelle schaffen eindeutig mehr Rechtssicherheit für die Gemeinden, Netzbetreiber und Mitbewerber. Dazu gehören die Einführung des Rüge-Regimes, die Informationspflichten der Gemeinde gegenüber den Bewerbern, die Konkretisierung des Auskunftsanspruchs der Gemeinde gegenüber dem Netzbetreiber, die Pflicht zur Fortzahlung von Konzessionsabgaben nach Ablauf des Konzessionsvertrages und die Bestimmung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung für das Energieversorgungsnetz.
Leider macht der Gesetzgeber aber keine konkreten Vorgaben zu den Auswahlkriterien und deren Gewichtung, so dass hier weiterhin eine Rechtsunsicherheit besteht. Die Einführung des Rügeregimes birgt zudem die Gefahr, dass ein Konzessionsvergabeverfahren erheblich in die Länge gezogen wird.