WISSENSWERTES | 15.05.2020
Kommunaler IT-Dienstleister in Sachsen – KISA-Umlagenbescheide rechtswidrig
Seit Jahren gibt es in Sachsen Streit zwischen dem Zweckverband „Kommunale Informationsverarbeitung Sachsen“ (KISA) und seinen Mitgliedern. KISA stellt seinen Mitgliedern gegen Entgelt Datenverarbeitungsverfahren, Datenübertragungsnetze, Datenverarbeitungsleistungen und zugehörige Serviceleistungen zur Erledigung oder Vereinfachung von Verwaltungsaufgaben mit technikunterstützter Informationsverarbeitung zur Verfügung; hierfür werden jedoch jeweils Einzelverträge abgeschlossen. Zuletzt scheiterte die Stadt Mittweida (Urteil des OVG Bautzen vom 6. November 2015, Az.: 4 C 4/15) mit einem Normenkontrollantrag gegen die KISA-Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2015. Nun aber darf der Zweckverband nach einer aktuellen Entscheidung desselben Gerichts die geplanten 3 Mio. EUR Umlagen nicht erheben.
KISA wirksam gegründet, aber ohne Aufgaben
Das OVG Bautzen stellte in seinem Urteil vom 30. März 2020, Az. 4 A 508/16 fest, dass dem Zweckverband keinerlei Aufgaben übertragen worden sind. In einem früheren Beschluss (vom 24. November 2016, Az.: 4 B 129/16) hatte der Senat es noch genügen lassen, dass von den im Jahr 1993 gegründeten Zweckverbänden, die sich später zum KISA zusammenschlossen, Aufgaben übergegangen seien. Davon distanzierte er sich nun ausdrücklich: Denn die den KISA gründenden Zweckverbände konnten keine Aufgaben (weiter-)übertragen, die ihnen selbst nicht zuvor übertragen worden waren. Es fehle auch in der KISA-Verbandssatzung jeder Hinweis darauf, dass eine tatsächliche Übertragung von Mitgliederaufgaben auf den KISA auch nur beabsichtigt war; ein Aufgabenübergang sei auch nicht erfolgt.
Gleichwohl sei der Zweckverband wirksam entstanden: „Dafür bedarf es nach § 48 Abs. 1 SächsKomZG einer schriftlichen Satzung mit dem in § 11 Abs. 2 SächsKomZG genannten Mindestinhalt. Diese muss von der Rechtsaufsichtsbehörde gemäß § 49 Abs. 1 SächsKomZG genehmigt und nach § 13 SächsKomZG im Sächsischen Amtsblatt veröffentlicht werden. Diese Verfahrensschritte sind hier erfolgt. Mit den Bekanntmachungen der Genehmigung und der Verbandssatzung ist der Beklagte wirksam entstanden.“ (Seite 19, Rn. 35 des Urteils). Dies ist erstaunlich, denn § 13 Abs. 2 Nr. 2 SächsKomZG normiert auch „die Aufgaben“ als einen der Mindestbestandteile der Satzung. Da das Wesen eines Zweckverbandes gerade in einer gemeinsamen Aufgabenerfüllung besteht, ist ein Zweckverband ohne Aufgabe kaum denkbar.
Unwirksame Umlagenregelung in KISA-Verbandssatzung
Die Rechtmäßigkeit des Bescheides scheiterte letztlich an der Umlagenregelung in der Verbandssatzung. Diese sieht eine nach Einwohnerzahlen gestaffelte Umlagenerhebung vor. Für Verbandsmitglieder ohne Einwohner setzt die Verbandssatzung fiktive Einwohner fest. Das OVG betonte zwar erneut den erheblichen Ermessensspielraum bei der Regelung eines Umlagenmaßstabes. Grundsätzlich sei auch ein Einwohnermaßstab tauglich. Ein Umlagemaßstab setze auch keine Aufgabenübertragung voraus. Es müsse jedoch ein Vorteil bei dem Verbandsmitglied vorliegen, der eine Umlagenerhebung rechtfertige: „Zu den aus der Aufgabenerfüllung durch einen Zweckverband dem einzelnen Verbandsmitglied entstehenden Nutzen gehören alle Vorteile, die dem Mitglied selbst unmittelbar durch die Aufgabenerfüllung erwachsen; nur mittelbar entstehende Vorteile haben außer Betracht zu bleiben.“ (Seite 22, Rn. 46 des Urteils).
Da im Falle des Zweckverbandes KISA Mitgliedsgemeinden teilweise keinerlei Angebote des KISA wahrnehmen, haben diese auch keine Vorteile. Demnach könnten sie auch nicht zu einer Umlage herangezogen werden. Die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme der Leistungen des Zweckverbandes reicht nicht für die Annahme aus, bereits die Mitgliedschaft in einem Zweckverband vermittle dem Mitglied einen Nutzen. Schließlich sei auch noch der Abschluss einer individuellen entgeltlichen Vereinbarung erforderlich, der nicht verpflichtend ist.
Die klagende sächsische Stadt blieb so auch in der Berufungsinstanz gegen den Umlagebescheid erfolgreich.