WISSENSWERTES | 11.01.2016
Erleichterungen für Krankenhäuser bei Abrechnungen ab 01.01.2016
Mit Jahresbeginn ist das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) in Kraft getreten. Es bringt zwei für Abrechnungsstreitigkeiten zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen wichtige Neuerungen:
- Seit dem Beitragsschuldengesetz war für Klagen, mit denen nach Durchführung einer Einzelfallprüfung eine streitig gebliebene Vergütung unterhalb von 2.000,00 € gefordert wurde, die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens verpflichtend. Krankenhäuser und Krankenkassen betrachteten das von Anfang an als unzweckmäßig. Mit Ausnahme Nordrhein-Westfalens wurde in keinem Bundesland ein funktionsfähiger Schlichtungsausschuss eingerichtet.
Der 3. Senat des BSG hielt Klagen seit seinem Urteil vom 08. Oktober 2014 (B 3 KR 7/14 R) auch ohne vorheriges Schlichtungsverfahren für zulässig, solange es keinen Schlichtungsausschuss gibt. Dies revidierte der 1. Senat des BSG mit Urteil vom 23. Juni 2015 (B 1 KR 26/14 R) und entscheid, dass ab dem 01. September 2015 eine Klage – auch wenn es keinen funktionsfähigen Schlichtungsausschuss gibt – nur noch dann zulässig sein sollte, wenn zuvor ein Schlichtungsverfahren erfolglos durchlaufen worden ist.
Der Gesetzgeber hat nun erkannt, dass der mit der Einrichtung und Organisation der Schlichtungsausschüsse auf Landesebene verbundene Verwaltungsaufwand nicht in einem angemessenen Verhältnis zur erhofften Verfahrensbeschleunigung steht und eine spürbare Entlastung der Sozialgerichte nicht eintreten wird. Die Regelung zum Schlichtungszwang in § 17c Abs. 4 b) Satz 3 KHG ist deshalb aufgehoben worden. Klagen zum Sozialgericht sind seit dem 01.01.2016 auch bei Streitwerten bis 2.000,00 € wieder unproblematisch zulässig.
- Für einiges Aufsehen hatten jüngere Urteile des BSG gesorgt, in denen der Auffälligkeitsprüfung das Konstrukt der sog. sachlich-rechnerischen Prüfung gegenübergestellt wurde, für die ein eigenes Prüfregime gelten soll (insbesondere BSG, Urteil vom 01 Juli 2014, B 1 KR 29/13 R). Dies veranlasste zahlreiche Krankenkassen, die Zahlung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1 c) Satz 3 SGB V mit dem Argument zu verweigern, dass es sich angeblich um eine bloße Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit gehandelt hätte. Zusätzlich wurden bereits gezahlte Aufwandspauschalen in großem Stil zurückgefordert.
Zahlreiche Instanzgerichte haben dem BSG daraufhin zu Recht die Gefolgschaft verweigert (z.B. SG Mainz, Urteil vom 04.Mai2015, S 3 KR 518/14). Denn es gibt keine gesetzliche Grundlage für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit. Sie ist mit dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzessystematik nicht zu vereinbaren und verstößt gegen den Grundsatz der Bindung der Rechtsprechung an das Gesetz.
Darauf hat der Gesetzgeber nun reagiert und in einem neuen Satz 4 in § 275 Abs. 1 c) SGB V klargestellt, dass als Auffälligkeitsprüfung jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen ist, mit der die Krankenkasse den MDK beauftragt und die eine Datenerhebung beim Krankhaus erfordert. Seit dem 01.01.2016 liegt also bei einer Einschaltung des MDK durch die Krankenkasse und einer Übermittlung von Daten an den MDK immer eine Auffälligkeitsprüfung vor, bei der – wenn sie nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt – eine Aufwandspauschale zu zahlen ist.
Achtung:
Leider bringt die Neuregelung keine Klarheit für vor dem 01.01.2016 liegende Fälle, insbesondere nicht für von den Krankenkassen geltend gemachte Rückforderungen. Wir empfehlen, derartige Ansprüche konsequent zurückzuweisen. Wenn der MDK zur Klärung medizinischer Fragestellungen eingeschaltet wurde und es der Auswertung der medizinischen Dokumentation bedurfte, lag unseres Erachtens schon immer eine Auffälligkeitsprüfung vor. Zudem dürften die Krankenkassen aus Gründen des Vertrauensschutzes gehindert sein, bereits gezahlte Aufwandspauschalen zurückzufordern.