WISSENSWERTES | 27.05.2019

Geschäftsgeheimnisschutzgesetz – Unternehmen in der Pflicht

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Am 21. März 2019 hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) beschlossen und damit die Geschäftsgeheimnisrichtlinie (Richtlinie [EU] 2016/943) umgesetzt. Das Gesetz ist am 26. April 2019 in Kraft getreten und hat eine grundlegende Neuregelung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen in Deutschland zur Folge. Von einigen absehbaren Auslegungsfragen abgesehen, stellt das Gesetz für Unternehmen gleichwohl einen Schritt in die richtige Richtung dar.

 

„Geheime Informationen“ umfassend geschützt

Der bisherige Geheimnisbegriff, der zu § 17 UWG richterrechtlich entwickelt wurde und nach dem eine Information geschützt war, wenn sie sich auf ein Unternehmen bezog, nicht offenkundig war, vom Geheimhaltungswillen des Inhabers getragen war, der auch ein Geheimhaltungsinteresse hat, wird ersetzt durch die Definition in § 2 Nr. 1 GeschGehG („Geschäftsgeheimnis“) und verlangt nicht ausdrücklich einen Unternehmensbezug. Zu Ende gedacht, deckt der Gesetzeswortlaut auch private Informationen, z. B. außereheliche Eskapaden von Berühmtheiten ab, sofern diese – was nicht abwegig ist – von wirtschaftlichem Wert sind. Wenngleich Erwägungsgrund 14 der Geschäftsgeheimnisrichtlinie dafür streitet, Geschäftsgeheimnisse und Privatgeheimnisse zu trennen, deutet § 1 Abs. 3 Nr. 1 GeschGehG an, dass der deutsche Gesetzgeber eine Schnittmenge bzw. Berührungspunkte mit dem Straftatbestand der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 StGB) für möglich hält. Beispielhaft wäre hier z. B. zu denken an private Informationen zum Gesundheitszustand eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds, wenn sich dies auf die Marktsituation des Unternehmens auswirken kann.

 

Die Information muss „geheim“ sein, darf also „weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne weiteres zugänglich“ sein (§ 2 Nr. 1 lit. a GeschGehG). Entscheidend ist die Zugangsmöglichkeit für einen bestimmten Personenkreis. Eine Information ist nicht allgemein bekannt, wenn sie nur den Inhaber des Geheimnisses oder nur zur Vertraulichkeit verpflichteten Dritten bekannt ist.

 

Wirtschaftlicher Wert der Information entscheidend

Die in Rede stehende Information muss gerade wegen ihrer fehlenden Offenkundigkeit einen wirtschaftlichen Wert haben. Mit dieser Bagatell-Schwelle sollen wie bisher belanglose Informationen aus dem Schutzbereich herausgelöst werden. Dennoch ist das Kriterium des „wirtschaftlichen Wertes“ nach wie vor weit zu verstehen. Eine Information hat einen „Handelswert“ (Wortlaut der Richtlinie in Erwägungsgrund 14), wenn ihre unbefugte Nutzung oder Offenbarung den Inhaber „aller Voraussicht nach dadurch schädigt, dass das wissenschaftliche oder technische Potenzial, die geschäftlichen oder finanziellen Interessen, die strategische Position oder die Wettbewerbsfähigkeit dieser Person untergraben werden“. Damit sind beispielsweise sämtliche Informationen der Forschungsabteilung eines Unternehmens geschützt, auch wenn deren künftige Vermarktung noch gar nicht feststeht.

 

Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen erforderlich

Für Aufsehen gesorgt hat in der bisherigen Diskussion die Regelung in § 2 Nr. 1 lit. b GeschGehG, nach der die Information „Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber“ sein muss. Wird der Inhaber diesen Anforderungen nicht gerecht, geht der Geheimnisschutz verloren. Bisher wurde der notwendige Geheimhaltungswille vermutet und es gab keine Dokumentationspflicht. Die Frage danach, was denn „angemessen“ sei, beantwortet Erwägungsgrund 14 der Geschäftsgeheimnisrichtlinie damit, dass mit der jeweiligen Maßnahme nachvollziehbarerweise, die „legitime Erwartung, dass die Vertraulichkeit gewahrt wird“ verbunden sein soll. Ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass damit keine absolut und umfassend wirksame Schutzmaßnahme gemeint sein kann. Wie sollte eine solche auch aussehen? Die Frage, was im Einzelfall zu tun ist, kann – wie so oft – nicht pauschal beantwortet werden. Da es sich bei der Angemessenheit um einen relativen Begriff handelt, werden auch die Geheimhaltungsmaßnahmen regelmäßig in Abhängigkeit zum wirtschaftlichen Wert der Information ausgestaltet werden müssen. Die Begründung zum Regierungsentwurf des Gesetzes nennt folgende Kriterien für den Wert des Geheimnisses:

    • Wert des Geheimnisses insgesamt und für das in Unternehmen,
    • die Größe des Unternehmens,
    • die Kosten und
    • die Üblichkeit der Maßnahmen.

 

Hier bleibt es den Unternehmen letztlich nicht erspart eine Abwägungsentscheidung zu treffen.

Berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung

Auf Empfehlung des Rechtsausschusses hat der Bundestag dem Geschäftsgeheimnisgesetz in § 2 Nr. 1 lit. c GeschGehG noch eine weitere Voraussetzung angefügt, die man in der Geschäftsgeheimnisrichtlinie vergeblich sucht. Demnach muss ein „berechtigtes Interesse“ an der Geheimhaltung bestehen. Wenngleich diese Ergänzung gut gemeint sein kann, gibt die Geschäftsgeheimnisrichtlinie dennoch den Rahmen vor, den die Mitgliedstaaten in der Umsetzung der Definitionen der geheimen Information nicht verengen dürfen. In Abhängigkeit zur zukünftigen Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofes ist diese Voraussetzung im deutschen Umsetzungsgesetz daher entweder obsolet oder europarechtswidrig. Das bleibt abzuwarten.

Fazit

Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist im deutschen Recht omnipräsent und die Verankerung in einem Spezialgesetz unterstreicht diese Tatsache noch einmal. Angefangen beim Datenschutzrecht über das Immaterialgüter- und Lauterkeitsrecht bis hin zum Vertrags- und Arbeitsrecht finden sich Anknüpfungspunkte, die Unternehmen zu beachten haben, um einerseits eigene Geschäftsgeheimnisse auch geheim zu halten und sich auf der anderen Seite rechtskonform mit ihnen zugänglich gemachten Informationen zu verhalten.


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