WISSENSWERTES | 11.07.2016

Unzulässige Kettenbefristungen unter dem WissZeitVG?

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Hochschulen und Forschungseinrichtungen haben auf der Grundlage des WissZeitVG umfangreichere Möglichkeiten, Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem Personal zu befristen als auf der Basis des TzBfG.

Das BAG hatte nun zu entscheiden, ob die Frage des institutionellen Rechtsmissbrauchs aufgrund langjähriger Befristungsketten auch bei Befristungen nach dem WissZeitVG eine Rolle spielen kann (Urteil vom 8. Juni 2016, Az. 7 AZR 259/14).

Missbrauchskontrolle

Zu Kettenbefristungen hatte der EuGH mit seiner Entscheidung vom 26. Januar 2012 (Az. C-586/10), der sich das BAG angeschlossen hat (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 18. Juli 2012, Az. 7 AZR 443/09), entschieden, dass befristete Arbeitsverträge zwar auch dann wiederholt zum Zwecke der Vertretung verlängert werden können, wenn ein wiederkehrender oder sogar ständiger Bedarf an Vertretungen besteht, aber als Korrektiv eine Missbrauchskontrolle stattzufinden hat, bei der alle Umstände des Einzelfalls einschließlich der Zahl und der Gesamtdauer der in der Vergangenheit mit demselben AG geschlossenen befristeten Verträge berücksichtigt werden müssen.

In dem nun am 8. Juni 2016 vom BAG entschiedenen Fall war die Klägerin vom 1. September 1989 bis zum 31. Oktober 2011 durchgehend an der Universität beschäftigt, zunächst für die Dauer von ca. 5 ½ Jahren auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen zum Abschluss der Promotion und Habilitation, dann für die Dauer von ca. 11 Jahren in vier Zeitabschnitten als wissenschaftliche Assistentin im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Zeit und anschließend weitere 4 ½ Jahre im Rahmen zweier befristeter Arbeitsverträge aufgrund Drittmittelfinanzierung.

Das LAG Sachsen hatte der Entfristungsklage mit der Begründung stattgegeben, die Befristung des letzten Arbeitsvertrags beruhe nicht auf § 2 Abs. 2 WissZeitVG, weil die Klägerin nicht in dem der Befristungsabrede zugrunde liegenden Drittmittelprojekt eingesetzt gewesen sei. Zudem sei aufgrund ihrer langjährigen Beschäftigung mit einer Vielzahl von Verträgen die rechtsmissbräuchliche Ausnutzung der Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich indiziert.

Rechtfertigung wegen Qualifizierung des Beschäftigten

Das BAG sah das anders und hat einen Rechtsmissbrauch verneint, weil ein erheblicher Zeitraum der Beschäftigung der Qualifizierung der Klägerin gedient habe. Abschließend entschieden hat es den Rechtsstreit allerdings nicht, weil mangels tatsächlicher Feststellungen in der Vorinstanz nicht beurteilt werden konnte, ob die Befristung durch den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung oder durch einen anderen Sachgrund gerechtfertigt war.

Fazit

Damit hat das BAG zugunsten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen entschieden, dass Qualifizierungsphasen nicht zur Beurteilung eines Rechtsmissbrauchs herangezogen werden können. Allerdings hat es damit zugleich bestätigt, dass der Rechtsmissbrauch auch unter Geltung des WissZeitVG durchaus eine Rolle spielen kann. Gerade bei langjährig Beschäftigten steht zu erwarten, dass sie sich künftig im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung häufiger auf dieses Argument berufen werden.

Es ist daher zu raten, bei dem Abschluss der befristeten Arbeitsverträge nach dem WissZeitVG weiterhin sorgfältig zu arbeiten und die Beschäftigten gerade bei Drittmittelfinanzierungen nur im Rahmen der bewilligten Projekte einzusetzen. Ansonsten bleibt nur der unsichere Rückgriff auf das TzBfG.

Weitere Informationen zur Expertise von PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER finden Sie unter Arbeitsrecht.


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