WISSENSWERTES | 26.11.2019

Schwerbehinderte Arbeitnehmer – Schadensersatz bei fehlgeschlagener Wiedereingliederung

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) und das Landesarbeitsgericht Berlin (LAG Berlin) hatten jeweils über Klagen schwerbehinderter Arbeitnehmer zu entscheiden, die von ihrem Arbeitgeber Schadensersatz wegen einer nicht erfolgten Wiedereingliederung verlangten.

 

BAG: Kein Schadensersatzanspruch bei ärztlich festgestellten Einschränkungen in der Tätigkeit

 

In dem von dem BAG am 16. Mai 2019, Az. 8 AZR 530/17 entschiedenen Fall war der schwerbehinderte Kläger bei der beklagten Stadt als Technischer Angestellter beschäftigt. Von August 2014 bis Anfang März 2016 war er arbeitsunfähig erkrankt. Im September 2015 erfolgte eine betriebsärztliche Untersuchung. Die Betriebsärztin befürwortete eine Wiedereingliederung, allerdings mit diversen Einschränkungen in der Tätigkeit. Im Oktober 2015 beantragte der Kläger die Wiedereingliederung von Mitte November 2015 bis Mitte Januar 2016 aufgrund eines Wiedereingliederungsplans, der keine Einschränkungen der Tätigkeit vorsah. Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag ab, weil sein Einsatz in dem bisherigen Tätigkeitsgebiet aufgrund der in der betriebsärztlichen Untersuchung aufgeführten Einschränkungen nicht möglich sei. Eine spätere Wiedereingliederung des Klägers von Januar bis März 2016 auf der Grundlage eines ärztlichen Berichts, dass Einschränkungen in der Tätigkeit nicht mehr vorlagen, war sodann erfolgreich. Seit März 2016 war der Kläger voll arbeitsfähig.

 

Der Kläger begehrte von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des ihm durch die Ablehnung der ersten Wiedereingliederung entgangenen Entgelts. Er vertrat die Auffassung, dass seine Arbeitsfähigkeit ohne diese Ablehnung bereits zu Mitte Januar 2016 wieder voll hergestellt gewesen wäre.

 

Das BAG wies die Klage mit der Begründung ab, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer zwar nach § 81 IV 1 Nr. 1 SGB IX a.F. (jetzt § 164 IV Nr. 1 SGB IX),  einen Anspruch auf Wiedereingliederung habe, die Arbeitgeberin den Antrag aber ablehnen durfte, weil aufgrund des ersten ärztlichen Attests begründete Zweifel bestanden, dass der Gesundheitszustand des Klägers eine Wiedereingliederung zulasse.

 

LAG Berlin: Anspruch auf Schadensersatz besteht, wenn die Wiedereingliederung keine Gesundheitsgefährdung beinhaltet und dem Arbeitgeber zumutbar ist

 

Anders endete ein von dem LAG Berlin am 23. Mai 2018, Az. 15 Sa 1700/17 entschiedener Fall. Dort beantragte eine schwerbehinderte Lehrerin im Januar 2015 bei ihrem Arbeitgeber die stufenweise Wiedereingliederung. In der vorgelegten ärztlichen Bescheinigung war als Zeitpunkt der Herstellung ihrer vollen Arbeitsfähigkeit der 28. März 2015 angegeben. Auf Vorlage einer weiteren ärztlichen Bescheinigung schlossen die Parteien eine Wiedereingliederungsvereinbarung. Seit Mitte Mai 2015 arbeitete die Klägerin wieder in Vollzeit und machte mit ihrer Klage Vergütungsdifferenzen für April und Mai 2015 geltend.

 

Das LAG Berlin gab der Klage statt, da der Arbeitgeber schon aufgrund der ersten ärztlichen Bescheinigung, die eine volle Arbeitsfähigkeit ab Ende März bescheinigte, hätte wiedereingliedern müssen und nicht erkennbar war, dass dem Arbeitgeber die Wiedereingliederung unzumutbar gewesen sein soll.

 

Praxishinweis

 

Die Rechtsprechung hat die Ansprüche schwerbehinderter Arbeitnehmer weiter geschärft. Arbeitgeber sollten bei Wiedereingliederungsanträgen sorgfältig prüfen, ob es Anhaltspunkte gibt, die in gesundheitlicher Hinsicht der Wiedereingliederung entgegenstehen. Andernfalls besteht nicht nur das Risiko, dass der Arbeitgeber wegen der Mitwirkung an einer gesundheitswidrigen Wiedereingliederung haftet, sondern auch im Falle der unberechtigten Ablehnung einer ihm zumutbaren Wiedereingliederung.


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