WISSENSWERTES | 30.04.2018

Neuregelung für Thüringer Kindergärten (ThürKitaG)

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Wir hatten bereits ausführlich über die Kostenerstattungsansprüche anerkannter Träger der freien Jugendhilfe sowie den Vorrang von Kindergärten in freier Trägerschaft berichtet.
 
Seit 1. Januar 2018 ist nun das neue Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetz (ThürKitaG) in Kraft. Für die Kostenerstattung ergeben sich daraus folgende Änderungen:
 

(Mindest-)Inhalt des Betriebskostenerstattungsvertrages

§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ThürKitaG n.F. ordnet an, dass der zwischen der Gemeinde und dem Träger der freien Jugendhilfe abzuschließende Vertrag über die Erstattung der erforderlichen Betriebskosten folgende (Mindest-)Inhalte regeln muss:
 
• Umfang der bereitzustellenden Plätze und deren Finanzierung,
• Verfahren des finanziellen Ausgleichs,
• Beachtung und Einhaltung der Qualitätsvorgaben dieses Gesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen sowie des SGB VIII hinsichtlich der Kindertagesbetreuung,
• Fristen und Verfahren für die Bereitstellung von Daten und Informationen aufgrund dieses Gesetzes sowie
• Rechtsfolgen für die Fälle, in denen die Vertragspartner die Bestimmungen des Vertrags oder dieses Gesetzes nicht einhalten.
 
Somit wird den Gemeinden für den Abschluss von Betriebskostenerstattungsverträgen mit den Trägern der freien Jugendhilfe nun ein gesetzlicher (Mindest-)Inhalt vorgegeben. Im Übrigen bleibt es unverändert bei den „Leitplanken“ aus der Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (OVG Weimar, Urteil vom 10. Juli 2015, Az. 3 KO 565/13), wonach in der vertraglichen Vereinbarung zwar Details zum Verfahren der Kostenerstattung („Wie“), etwa die Festlegung der Abrechnungsperioden, Gewährung von Vorauszahlungen, die Verwendungsnachweisprüfung und nachfolgende Ausgleichsansprüche geregelt werden können, diese Freiräume jedoch nicht hinsichtlich der Festsetzung der Höhe der Betriebskosten („Ob“) bestehen.
 

Vorrangprinzip zugunsten anerkannter Träger der freien Jugendhilfe

§ 6 Abs. 3 ThürKitaG n.F. enthält – unverändert zur bisherigen Gesetzeslage – das Vorrangprinzip der Einrichtungen anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Dies entspricht § 5 Abs. 2 ThürKitaG a.F. (auf Bundesebene für alle Bundesländer identisch: § 4 Abs. 2 SGB VIII), wonach die öffentliche Jugendhilfe von eigenen Maßnahmen absehen soll, soweit geeignete Einrichtungen und Dienste von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe betrieben werden oder rechtzeitig geschaffen werden können.
 
Nach der Gesetzesbegründung soll durch § 6 Abs. 3 Satz 1 ThürKitaG n.F. eine für beide Seiten gleichrangige Pflicht zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit der Träger der öffentlichen und der Träger der freien Jugendhilfe zum Ausdruck gebracht werden. § 6 Abs. 3 Satz 2 ThürKitaG n.F. statuiert unverändert zur bisherigen Gesetzeslage das Gebot der Zurückhaltung der öffentlich-rechtlichen Träger der Jugendhilfe nach § 4 Abs. 2 SGB VIII. Dieses Gebot wurde mit der Neuregelung allerdings auch auf die Fachberatung erweitert.
 

Regelung zum Umfang der erstattungspflichtigen Betriebskosten

§ 18 Abs. 4 und Abs. 8 ThürKitaG a.F. regelten bisher lediglich rudimentär, dass die für die Kindertageseinrichtung zuständigen Gemeinden den durch die Elternbeiträge und den möglichen Anteil des freien Trägers nicht gedeckten Anteil der erforderlichen Betriebskosten – in Gestalt „angemessener Personal- und Sachkosten“ – übernehmen.
 
Nach der oben genannten Entscheidung des Thüringer Oberverwaltungsgerichts (OVG Weimar, Urteil vom 10. Juli 2015, Az. 3 KO 565/13) wurde erst durch die nach § 18 Abs. 4 Satz 2 ThürKitaG a.F. zwingend zu schließende Vereinbarung – also den Betriebskostenerstattungsvertrag – die rechtliche Grundlage für wechselseitige Ansprüche der Beteiligten geschaffen. Dabei soll der Umfang des zu gewährenden Betriebskostenzuschusses nicht Teil eines frei zu verhandelnden Vertragsinhalts sein; diese war vielmehr sowohl hinsichtlich der grundsätzlich ersatzfähigen Kostenpositionen als auch hinsichtlich der Berechnung seiner Höhe nach durch die Grundregel und Maßgaben des § 18 Abs. 4 und Abs. 8 ThürKitaG a.F. weitgehend gesetzlich vorgegeben.
 
Nun regelt § 21 Abs. 4 ThürKitaG n.F. ausdrücklich, dass die Gemeinde dem Träger der freien Jugendhilfe den durch die Elternbeiträge und den möglichen Eigenanteil des Trägers nicht gedeckten Anteil der erforderlichen Betriebskosten zu übernehmen hat und die Höhe und das Verfahren der Erstattung vertraglich zu vereinbaren sind. Insoweit ist die Rechtsprechung des OVG Weimar zu § 18 Abs. 4 und Abs. 8 ThürKitaG auf § 21 Abs. 4 ThürKitaG n.F. übertragbar.
 
Anders als bisher regelt § 22 Abs. 1 ThürKitaG n.F. jetzt ausführlich und beispielhaft („insbesondere“) den gesetzlichen Umfang der erforderlichen Betriebskosten, die von der Gemeinde an den Träger der freien Jugendhilfe zu erstatten sind:
 
Personalausgaben einschließlich der Kosten für die Fortbildung der pädagogischen Fachkräfte,
• Kosten für die Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen,
• Kosten für Geräte, Ausstattungs- und Ausrüstungsgegenstände,
• Kosten für Mieten und Pachten von Gebäuden und Grundstücken,
• Kosten für Leasing und Miete beweglicher Sachen,
• Kosten für die Bewirtschaftung der Grundstücke und baulichen Anlagen,
Verwaltungskosten, soweit sie nicht bereits den Nummern 1 und 6 zuzurechnen sind,
• Aufwendungen für Steuern, Versicherungen und die Regulierung von Schadensfällen sowie
kalkulatorische Kosten.
 
Begrüßenswerter Weise sind damit viele der bisherigen Streitpunkte zwischen Gemeinden und anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, insbesondere zu Verwaltungskosten, Mieten und kalkulatorischen Kosten, gesetzlich klargestellt worden.
 

Fazit

Die am 1. Januar 2018 in Kraft getretenen Neuregelungen des Thüringer Kindertageseinrichtungsgesetzes enthalten keine grundlegenden Abweichungen zur bisherigen Rechtslage.
Den Gemeinden wird im Rahmen des Abschlusses von Betriebskostenerstattungsverträgen mit Trägern der freien Jugendhilfe durch § 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 bis 5 ThürKitaG n.F. nun ein gesetzlicher (Mindest-)Inhalt hinsichtlich des Verfahrens der Kostenerstattung vorgegeben. Unverändert gilt das Vorrangprinzip der Einrichtungen freier Träger der Jugendhilfe, welches nun explizit auch auf Fachberatungsdienste ausgeweitet wurde. Der Umfang der erstattungspflichtigen Betriebskosten ist nun gesetzlich geregelt; er wird jedoch erfreulicherweise präzisiert und steht im Rahmen des zwingend abzuschließenden Betriebskostenerstattungsvertrages weiterhin nicht zur Disposition der Vertragsparteien.


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