WISSENSWERTES | 23.11.2018

Leipzig forciert Aufstellung einer Sozialen Erhaltungssatzung – „Milieuschutzsatzung“ Teil 1 –

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Nachdem die Ankündigung der Stadt Leipzig, den Erlass einer Milieuschutzsatzung prüfen zu wollen, durch die lokalen Medien geistert und Eigentümer, Bauträger und Investoren in Unruhe versetzt, haben wir uns den aktuellen Stand des Verfahrens sowie die Auswirkungen einer solchen Satzung genauer angesehen.
 

Zweck einer Erhaltungssatzung

Das grundsätzliche Ziel sogenannter Sozialer Erhaltungssatzungen nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 BauGB ist es, die Durchmischung eines betroffenen Stadtteils zu erhalten und gleichzeitig die Verdrängungsprozesse in diesem Stadtteil abzumildern.
 

Inhalt einer Sozialen Erhaltungssatzung

Zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung kann eine Gemeinde in einer Erhaltungssatzung Gebiete bezeichnen, in denen der Rückbau, die Änderung oder Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer Genehmigung bedürfen. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens können die mit der Satzung verfolgten Ziele zum Beispiel durch folgende Parameter beeinflusst werden:

    • der Ausstattungsstandard der Wohnungen kann begrenzt werden,
    • Grundrissveränderungen können untersagt werden,
    • Nutzungsänderungen können untersagt werden,
    • die Gemeinde kann ein Vorkaufsrecht ausüben.

 

Umwandlungsverordnung

In einigen anderen Bundesländern ging man sogar noch weiter und hat bereits von der landesrechtlichen Möglichkeit Gebrauch gemacht, sogenannte Umwandlungsverordnungen zu erlassen (z.B. in Berlin, Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg (bis 18. November 2018), Nordrhein-Westphalen).
Eine Umwandlungsverordnung dient dem weitergehenden Ziel, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen einzuschränken. Diese Verordnungen haben eine maximale Geltungsdauer von 5 Jahren und regeln, dass die Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum an Gebäuden im Gebiet einer sozialen Erhaltungssatzung, die ganz oder teilweise Wohnzwecken zu dienen bestimmt sind, nicht ohne Genehmigung erfolgen darf.
Eine derartige Regelung existiert auf Landesebene in Sachsen noch nicht, wird allerdings von der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat bereits gefordert.
 

Unmittelbare Folgen von Aufstellungsbeschluss und Erhaltungssatzung

Sobald im Stadtrat der Beschluss über die Aufstellung einer Sozialen Erhaltungssatzung („Aufstellungsbeschluss“) gefasst und ortsüblich bekannt gemacht wurde, kann die Bescheidung über Bauanträge, die das Erreichen der Ziele der Erhaltungssatzung wesentlich erschweren oder unmöglich machen, für die Dauer von bis zu 12 Monaten ausgesetzt werden.

Nachdem die Erhaltungssatzung aufgestellt wurde, bedürfen die gesetzlich bestimmten baulichen Veränderungen in den festgelegten Stadtgebieten dann einer gesonderten Genehmigung. Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens wird im konkreten Einzelfall geprüft, ob die beabsichtigte bauliche Maßnahme den Erhalt der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung gefährdet.
 

Auswirkungen auf Vorhaben im Stadtgebiet von Leipzig

Derzeit hat die Stadt Leipzig fünf Stadträume in Leipzig im Blick, die zukünftig von einer Erhaltungssatzung betroffen sein können. Einer genaueren Analyse im Rahmen eines Detailscreenings werden derzeit die in der nachfolgenden Grafik farbig hervorgehobenen Teile folgender Stadtgebiete und Connewitz unterzogen:

      • Zentrum-West und Zentrum-Nordwest
      • Neustadt-Neuschönefeld, Volkmarsdorf, Anger-Crottendorf, Sellerhausen-Stünz, Reudnitz-Thonberg und Stötteritz
      • Plagwitz, Kleinzschocher, Lindenau, Altlindenau, Neulindenau, Leutzsch und Schleußig
      • Gohlis-Süd und Eutritzsch

Quelle: Ratsinformationssystem der Stadt Leipzig 
 

Zeitlicher Ausblick

In der Ratsversammlung vom 24. Oktober 2018 (die ausführliche Beschlussvorlage Nr. VI-DS-05896 nebst Entscheidungspapier finden Sie hier wurde der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig vom Stadtrat beauftragt, für die vorgenannten fünf Stadträume Aufstellungsbeschlüsse für Soziale Erhaltungssatzungen vorzubereiten, um diese dem Stadtrat bis spätestens zum Ende des ersten Quartals 2019 zur Beschlussfassung vorzulegen. Gleichzeitig sollen die betroffenen Stadträume einem individuellen Detailscreening unterzogen werden.
 

Fazit

Der Stadtrat der Stadt Leipzig wird voraussichtlich Ende des ersten Quartals 2019 Aufstellungsbeschlüsse über Soziale Erhaltungssatzungen fassen. Diesen Aufstellungsbeschlüssen dürften noch im nächsten Jahr die entsprechenden Erhaltungssatzungen folgen, mit weitreichenden Auswirkungen für Eigentümer, Bauträger und Investoren mit Sanierungsgrundstücken in den betroffenen Stadtgebieten. Die festzustellende Aufregung bei den betroffenen Marktteilnehmern ist schon wegen der demnächst drohenden Gefahr der Rückstellung relevanter Bauanträge und der damit verbundenen Verzögerung der Gesamtbaumaßnahme durchaus begründet.

Welche Auswirkungen der Aufstellungsbeschluss sowie die spätere Erhaltungssatzung auf Ihr Antragsverfahren haben können und welche Handlungsoptionen Sie dann haben, stellen wir Ihnen im zweiten Teil unseres BLOG-Beitrages vor.


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