WISSENSWERTES | 29.03.2016

Kündigungen im Kleinbetrieb: Kein Problem für den Arbeitgeber?

Das KündigungsschutzG verbietet Arbeitgebern, in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Beschäftigten einen Arbeitnehmer, der länger als 6 Monate beschäftigt ist, grundlos zu kündigen. Eine Kündigung ist nur aus verhaltens-, personen- oder betriebsbedingten Gründen zulässig. Die Hürden sind bekanntlich hoch, so dass sich Arbeitgeber glücklich schätzen, die diesen Schwellenwert von zehn Beschäftigten nicht überschreiten.

Ist die Kündigung von Arbeitnehmern in Kleinbetrieben also kein Problem?

Maßstab für Kündigungen in Kleinbetrieben: Auch in Kleinbetrieben sind seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998 die Gebote von Treu und Glauben (§ 242 BGB) einzuhalten. Inhaltlich geht es darum, Arbeitnehmer in Kleinbetrieben vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven, etwa auf Diskriminierungen beruhenden Kündigungen zu schützen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Januar 1998, 1 BvL 15/87). Auch die Arbeitgeber mit bis zu 10 Arbeitnehmern müssen daher bei Kündigungen darauf achten,  nicht gegen Diskriminierungsverbote zu verstoßen, die durch das Allgemeine GleichbehandlungsG (AGG) aus dem Jahr 2006 eine konkrete Regelung erfahren haben.

Unwirksamkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb wegen Altersdiskriminierung

Das Bundesarbeitsgericht hat nun in einem Urteil vom 23. Juli 2015; Az. 6 AZR 458/14 eine Kündigung in einem Kleinbetrieb wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung für unwirksam erklärt.

Das Gericht hatte über die Klage einer 1950 geborenen Arzthelferin zu entscheiden, die nach mehr als 20 Jahren der Betriebszugehörigkeit von ihrer Arbeitgeberin gekündigt worden war. Die nicht gekündigten drei Kolleginnen der Klägerin waren allesamt jünger. Die Arbeitgeberin hatte in dem Kündigungsschreiben angegeben, dass die Kündigung aufgrund einer Umstrukturierung im Laborbereich notwendig sei und festgestellt, dass die Klägerin ja pensionsberechtigt sei.

Das Bundesarbeitsgericht hat den Hinweis auf die Pensionsberechtigung als ausreichendes Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S.d. AGG angesehen. Das Argument der beklagten Arbeitgeberin, die Klägerin sei weniger qualifiziert als ihre Kolleginnen und deren zusätzliche Qualifikationen seien für den Praxisbetrieb erforderlich, hat das Bundesarbeitsgericht ebenso wenig als Rechtfertigung nach § 10 AGG akzeptiert wie die Tatsache, dass die Klägerin einen zeitnahen Rentenanspruch hatte. Die Rentennähe könne nur bei Sozialplänen berücksichtigt werden, nicht aber bei Kündigungen.

Schließlich ist das Bundesarbeitsgericht nicht der Argumentation des Landesarbeitsgericht gefolgt, dass die anderen Mitarbeiter der Beklagten schutzwürdiger waren, weil sie keinen Rentenanspruch hatten und daher im Fall der Kündigung in die Arbeitslosigkeit gefallen wären. Da die Beklagte hierzu nichts vorgetragen habe, hätte das Landesarbeitsgericht eine solche Absicht der Beklagten nicht unterstellen dürfen.

Arbeitgebern in Kleinbetrieben ist daher zu raten, Kündigungen ohne Begründung auszusprechen und vorab die Vereinbarkeit mit den Vorschriften des AGG zu prüfen. Andernfalls drohen erhebliche finanzielle Schäden, die leicht vermeidbar sind.

Weitere Informationen zu der Expertise von PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER finden Sie unter Arbeitsrecht.


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