WISSENSWERTES | 15.05.2024
Gesetz zur Wärmeplanung und Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz) – (Neue) Herausforderungen für Kommunen
Zum 1. Januar 2024 ist das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (Wärmeplanungsgesetz – WPG) in Kraft getreten. Ziel ist nach § 1 WPG ein wesentlicher Beitrag zur Umstellung der Erzeugung von sowie der Versorgung mit Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme auf Erneuerbare Energien, unvermeidbare Abwärme oder eine Kombination hieraus. Das soll zu einer kosteneffizienten, nachhaltigen, sparsamen, bezahlbaren, resilienten sowie treibhausgasneutralen Wärmeversorgung bis spätestens zum Jahr 2045 (Zieljahr) beitragen und Endenergieeinsparungen bringen. Die Länder können ein früheres Zieljahr bestimmen, das dann im Rahmen der Umsetzung zu Grunde zu legen ist.
Mit dieser gesetzlichen Regelung kommen neue und anspruchsvolle Aufgaben auf die Kommunen zu. Eine herausgehobene Bedeutung der Wärmeplanung folgt laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 20/8654, S. 1) daraus, dass mehr als die Hälfte der in Deutschland verbrauchten Endenergie für die Bereitstellung von Wärme eingesetzt wird, während aber der Anteil Erneuerbarer Energien an der Erzeugung von Raumwärme in privaten Haushalten aber lediglich 18 % beträgt. Gleichzeitig sieht das Bundes-Klimaschutzgesetz eine Reduktion der zulässigen Jahresemissionsmengen für den Sektor Gebäude um fast 45 % bis zum Jahr 2030 vor. Dies kann nicht allein durch die Installation von dezentralen Eigenversorgungsanlagen geschehen. Daher setzt das jetzt in Kraft getretene Gesetz auf die Errichtung und den Ausbau von Wärmenetzen, die über zentrale Anlagen eine Vielzahl von Gebäuden versorgen können.
Pflicht zur Wärmeplanung und Inhalte
Gemäß § 4 Abs. 1 WPG besteht für die Bundesländer eine Pflicht zur Wärmeplanung, wobei diese die Verpflichtung durch Rechtsverordnung auf planungsverantwortliche Stellen übertragen können (§ 33 WPG). Damit sind am Ende insbesondere die Gemeinden und Gemeindeverbände angesprochen. Viel Zeit bleibt hierfür nicht. Denn nach § 4 Abs. 2 WPG müssen die Wärmepläne bei Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern schon bis zum 30. Juni 2026 und bei Gemeinden mit weniger Einwohnern bis zum 30. Juni 2028 erstellt sein. Werden bereits auf Grundlage landesrechtlicher Regelungen bis zu diesen Zeitpunkten Wärmepläne aufgestellt, treten diese anstelle der bundesrechtlich geregelten Wärmepläne.
Das Wärmeplanungsgesetz enthält Vorgaben für Inhalte und eine sinnvolle Abfolge von einzelnen Arbeitsschritten bis hin zur Erstellung eines Wärmeplans und daneben auch zeitlich gestaffelte Vorgaben an die Wärmenetzbetreiber zur Dekarbonisierung ihrer Netze. Differenziert wird namentlich zwischen bestehenden Wärmenetzen, die bis 2030 einen Anteil von 30 % und bis 2040 einen Anteil von 80 % Erneuerbarer Energie erreichen müssen. Die Umstellung der Wärmeversorgung wird aber auch die Planung und Errichtung neuer Wärmenetze erfordern. Auch dies wird im Gesetz geregelt. Inhaltlich gilt hier die Vorgabe, dass neue Wärmenetze ab März 2025 einen Anteil von 65 % Erneuerbarer Energie erreichen müssen. Die Wärmeplanung geht dabei von einem mehrphasigen Modell aus. Dieses beginnt zunächst mit einer Eignungsprüfung dahingehend, ob und welche Teilgebiete eines Gemeindegebiets für eine Versorgung durch ein Wärmenetz geeignet sind. Anknüpfend daran hat eine Bestandsanalyse des Ist-Zustands zu erfolgen. Hier werden der derzeitige Wärmebedarf oder -verbrauch einschließlich der hierfür eingesetzten Energieträger, die vorhandenen Wärmeerzeugungsanlagen und die für die Wärmeversorgung relevanten Energieinfrastrukturanlagen ermittelt. Danach folgt eine sogenannte Potenzialanalyse. Dabei wird u. a. geprüft, welche unterschiedlichen Quellen für Erneuerbare Energien und unvermeidbare Abwärme perspektivisch für die Wärmeversorgung verfügbar sind. Auf Grundlage dieser Planungsschritte sollen dann Zielszenarien, eine sinnvolle Einteilung des Gemeindegebiets in voraussichtliche Wärmeversorgungsgebiete und eine Umsetzungsstrategie entwickelt werden.
Keine Außenwirkung
Wesentliches Merkmal der Wärmeplanung ist ihre Unverbindlichkeit. D.h. der zu erarbeitende Wärmeplan als Ergebnis der Wärmeplanung ist lediglich ein strategisches Instrument und bietet eine Orientierungs- und Informationsgrundlage. Er entfaltet dagegen keine rechtliche Außenwirkung und begründet keine einklagbaren Rechte oder Pflichten (BT-Drs. 20/8654, S. 104).
Notwendigkeit und Instrumente der rechtsverbindlichen Umsetzung
Aus der Unverbindlichkeit des Wärmeplans folgt das Erfordernis einer rechtsverbindlichen Umsetzung. Über § 27 Abs. 3 WPG sind Entscheidungen über die Ausweisung als Gebiet zum Neu- oder Ausbau von Wärmenetzen oder als Wasserstoffnetzausbaugebiet bei der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bauleitplans und einer anderen flächenbedeutsamen Planung oder Maßnahme einer öffentlichen Stelle oder von einer Person des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zu berücksichtigen. Eine strikte Beachtenspflicht ist damit freilich nicht verbunden.
Bauleitplanung
Ein wesentliches Instrument zur rechtsverbindlichen Umsetzung der Wärmeplanung wird die kommunale Bauleitplanung darstellen. Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB sollen Bauleitpläne insbesondere dazu beitragen, die Wärme- und Energieversorgung von Gebäuden zur Erfüllung der Klimaschutzziele des Bundesklimaschutzgesetzes treibhausgasneutral zu gestalten. Im Sinne einer übergeordneten konzeptionellen (aber auch rechtlich noch unverbindlichen) Planung kann beispielsweise im Flächennutzungsplan gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 lit. b) BauGB die Ausstattung des Gemeindegebiets mit Anlagen, Einrichtungen und sonstigen Maßnahmen, die dem Klimawandel entgegenwirken, erfolgen. Dazu zählen insbesondere die dezentrale und zentrale Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Wärme.
Auf Ebene des verbindlichen Bebauungsplans bestehen bereits jetzt eine Reihe von Festsetzungsmöglichkeiten, die zur Umsetzung der Wärmeplanung beitragen können. So kann eine Gemeinde Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus Erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung nach § 9 Abs. 1 Nr. 12 BauGB sowie die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 13 BauGB festsetzen. Anlagen zur Wärmeerzeugung und -gewinnung können auch in festgesetzten Baugebieten, beispielsweise als Teile gewerblicher baulicher Anlagen, allgemein zulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig sein, in Sondergebieten nach § 11 Abs. 1 und 2 BauNVO untergebracht werden oder als Nebenanlagen nach den Vorgaben des § 14 BauNVO zugelassen werden.
Städtebauliche Verträge
Ergänzend dazu können auch über städtebauliche Verträge nach § 11 BauGB weitere Regelungen zur Wärmeversorgung getroffen werden. Anknüpfungspunkt wäre hier insbesondere § 11 Abs. 1 Nr. 4 BauGB. Danach können in städtebaulichen Verträgen insbesondere die Errichtung und Nutzung von Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus Erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung entsprechend den mit den städtebaulichen Planungen und Maßnahmen verfolgten Zielen und Zwecken vereinbart werden.
Anschluss- und Benutzungszwang
Grundsätzlich möglich ist schließlich die Festlegung eines Anschluss- und Benutzungszwangs an entsprechende Anlagen des Wärmenetzes § 109 Gebäudeenergiegesetz (GEG) ), wenn dieses die Anforderungen nach § 71b GEG i.V.m. § 30 WPG erfüllt.