WISSENSWERTES | 26.07.2019

DSGVO und UWG – Wettbewerbsrecht und Datenschutz

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Trotz mehr als einjähriger Geltung der DSGVO, über deren praktische Auswirkungen wir erst kürzlich berichtet hatten, sind bis heute wesentliche Fragen zur Abgrenzung zwischen Datenschutzrecht und Wettbewerbsrecht ungeklärt. Dazu gibt es divergierende Rechtsprechung der Instanzgerichte, teilweise sind Fragen bereits dem EuGH als dem zuständigen europäischen Gericht vorgelegt worden.
 
Neben denjenigen Rechtsfolgen, die in den Zuständigkeitsbereich der Aufsichtsbehörden fallen – insbesondere Bußgelder – ist nach wie vor höchst praxisrelevant, ob und unter welchen Voraussetzungen Datenschutzverstöße im Zivilrechtsweg von Wettbewerbern oder Verbänden als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geltend gemacht werden können. Vorrangig dürfte es dabei um Unterlassungsforderungen nach § 8 Abs. 1 UWG gehen, verbunden mit inhaltlich immer weiter gehenden Beseitigungspflichten und der Erstattung von Abmahnkosten.
 

Datenschutzverstoß als Rechtsbruch

Während die DSGVO in Art. 80 für Ansprüche von Verbänden noch eine (wenn auch auslegungsbedürftige) Regelung enthält, findet sich in der Verordnung und in den Erwägungsgründen zu einem etwaigen Mitbewerberschutz nichts. Das deutsche UWG, das in wesentlichen Teilen selbst auf einer europäischen Regelung beruht, kennt aber seit jeher den Rechtsbruchtatbestand, § 3a UWG. Über dessen Anwendung können sich bei einem Verstoß gegen sog. Marktverhaltensregeln aus anderen Gesetzen wettbewerbsrechtliche Ansprüche ergeben. Ob das bei Verstößen gegen das neue Datenschutzrecht der DSGVO greifen kann, ist streitig. Ebenso wie starke Stimmen in der juristischen Literatur lehnen das einige Gerichte strikt ab, so zuletzt etwa das LG Wiesbaden und das LG Magdeburg. Andere Gerichte sind offener und bejahen die Möglichkeit eines Wettbewerbsverstoßes, so etwa das OLG Hamburg und das LG Würzburg.
 
Was ist richtig? Wie häufig verbietet sich auch hier eine Schwarz-Weiß-Betrachtung. Vielmehr kommt es auf den abgemahnten Lebenssachverhalt an. Denn selbst die Befürworter eines Ausschlusses wettbewerbsrechtlicher Ansprüche für Mitbewerber bei DSGVO-Verstößen erkennen an, dass in diesem Zusammenhang durchaus Wettbewerbsverstöße nach den „normalen“ Regelungen denkbar sind, wenn zusätzliche Unlauterkeitsmerkmale vorliegen. Ein DSGVO-Verstoß entfaltet also nicht per se eine Anwendungssperre für das UWG. In den Blickpunkt geraten dabei beispielsweise aggressive geschäftliche Handlungen nach § 4a UWG (z.B. durch Nötigung und Druck), die gezielte Behinderung von Mitbewerbern nach § 4 Nr. 4 UWG oder unzulässige Belästigungen, § 7 UWG. Hierzu hat beispielsweise jüngst das OLG München entschieden, dass das UWG anwendbar bleibt. Problematischer sind und bleiben hingegen die praktisch bedeutsamen Fälle der Irreführung, wenn abseits der in Art. 13, 14 DSGVO klar geregelten Informationspflichten Täuschungen des Kunden stattfinden, etwa über Art und Umfang einer stattfindenden Datennutzung. Dann bedarf es einer Entscheidung der noch offenen Streitfrage.
 

Gesetzgebung

Obgleich noch mehrere einschlägige Gesetzgebungsvorhaben sowohl auf europäischer als auch auf deutscher Ebene anstehen (siehe etwa den von Bayern in den Bundesrat eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutz-Grundverordnung“) oder bereits verabschiedet sind (so die neuen europäischen Richtlinien zum Verbrauchsgüterkauf und zu digitalen Inhalten), ist derzeit nicht mit einer Regelung zur klaren Abgrenzung zu rechnen. Es wird daher der Rechtsprechung des EuGH überlassen bleiben, insoweit Rechtssicherheit herzustellen.
 

Fazit

Bis dahin ist eine Prüfung im Einzelfall unumgänglich, insbesondere ob und inwieweit (vermeintliche) Datenschutzverstöße noch vom möglicherweise ausschließlichen Regelungsgehalt der DSGVO umfasst sind und ob noch zusätzliche Unlauterkeitsmerkmale vorliegen. Dafür stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.


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