WISSENSWERTES | 22.06.2018

Betreibermodelle beim Breitbandausbau – steuerliche Aspekte und Behandlung im doppischen Haushalt

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Die zunehmende Digitalisierung der Wirtschaft und der Gesellschaft stellt die öffentliche Hand vor großen Herausforderungen. Im Zuge der Umsetzung der Digitalen Agenda der Bundesregierung sollen die Wirtschaft und die privaten Haushalte flächendeckend schnelle Internetverbindungen erhalten. Problematisch ist dies häufig in ländlichen und strukturschwachen Regionen, da in diesen Regionen die Errichtung und der Betrieb von Breitbandnetzen zumeist unwirtschaftlich sind. Die Versorgung dieser „weißen Flecken“ wird als öffentliche Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen gesehen. Bund und Länder stellen den Kommunen hierfür Fördermittel zur Verfügung.

Die Umsetzung des flächendeckenden Breitbandausbaus ist für die Kommunen nicht nur eine technische und finanzielle Herausforderung. Neben steuerlichen Fragen muss auch die Behandlung dieser Infrastrukturprojekte im doppischen Haushalt frühzeitig geklärt werden. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Umsatzbesteuerung der Kommunen grundlegend geändert hat.
 

Kommunale Modelle beim Breitbandausbau

Bei Errichtung und Betrieb eines Breitbandnetzes lassen sich folgende Komponenten unterscheiden:
 

  • Errichtung / Bereitstellung der passiven Infrastruktur (z. B. Glasfaserkabel),
  • Errichtung / Bereitstellung der aktiven Infrastruktur (z. B. Router, Switches),
  • Bereitstellung von Dienstleistungen (z. B. Internet).
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    In der Praxis erfolgt der Breitbandausbau in Form eines Zuschussmodells oder eines Betreibermodells. Da das Zuschussmodell kaum steuerliche Fragen aufwirft, soll in diesem Beitrag das Betreibermodell im Fokus stehen.
     
    Beim Betreibermodell erfolgt die Errichtung und Bereitstellung der passiven Infrastruktur durch die öffentliche Hand (z. B. Kommune). Nach Errichtung wird die passive Infrastruktur an ein Telekommunikationsunternehmen verpachtet, das dann die aktive Infrastruktur errichtet und die Dienste für Dritte anbietet. Die Zuschüsse des Bundes dienen somit der Finanzierung der Errichtung der passiven Infrastruktur durch die Kommune.
     

    Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art oder Vermögensverwaltung

    Zunächst erscheint die Verpachtung der passiven Infrastruktur für die Kommune steuerlich unbeachtlich zu sein, da es sich um eine vermögensverwaltende Tätigkeit handelt, die keinen steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art (BgA) darstellt. Allerdings kann die Kommune mit der Verpachtung des wesentlichen Inventars eines Breitbandnetzes einen steuerpflichtigen Verpachtungs-BgA begründen. So dies zutrifft, unterliegt die Verpachtung der Körperschaftsteuer.

    Ob im Einzelfall wesentliches oder unwesentliches Inventar verpachtet wird, muss geprüft und im Zweifel mit dem zuständigen Finanzamt geklärt werden.
     

    Umsatzsteuerliche Fragen beim Betreibermodell

    Da die meisten Kommunen im Zuge der Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) zunächst zur Fortgeltung des „alten“ Rechts optiert haben, muss auch für Zwecke der Umsatzsteuerpflicht geprüft werden, ob ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) im Sinne des Körperschaftsteuerrechts vorliegt.

    Nur wenn ein solcher BgA vorliegt, ist die Kommune mit der Verpachtung auch umsatzsteuerlicher Unternehmer. Dies führt dazu, dass die Pachtentgelte der Umsatzsteuer unterliegen und die Kommune aus Eingangsleistungen (z. B. Bauleistungen) Vorsteuern geltend machen kann.

    Liegt kein BgA vor, ist die Verpachtung der passiven Infrastruktur durch die Kommune auch umsatzsteuerlich eine nicht steuerbare Vermögensverwaltung (keine Umsatzsteuerpflicht). Allerdings kann in diesem Fall die Kommune auch keine Vorsteuern geltend machen.
     

    Breitbandausbau und Neuregelung der Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG)

    Mit der Neuregelung der Umsatzsteuerpflicht der öffentlichen Hand
    (§ 2b UStG) kommt es tendenziell zur Ausweitung der Umsatzsteuerpflicht der Kommunen. So wird künftig – spätestens ab dem Jahr 2021 – eine vermögensverwaltende Tätigkeit umsatzsteuerrelevant. Dies eröffnet der Kommune dann aber auch die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug.

    Vor dem Hintergrund der Vorsteuerabzugsberechtigung sollten Kommunen, die das „neue“ Umsatzsteuerrecht noch nicht anwenden, prüfen, ob sie frühzeitiger auf das „neue“ Recht umstellen wollen. Dies kann den kommunalen Haushalt finanziell entlasten.
     

    Breitbandausbau im doppischen Haushalt

    Da die Kommune beim Betreibermodell die passive Infrastruktur selbst finanziert und errichtet, muss das Betreibermodell auch im doppischen Haushalt „bilanziert“ werden. Die Implementierung eines Produktes Breitbandausbau im Haushalt wird hier sinnvoll sein. Dabei spielen die Fragen der Aktivierung der Wirtschaftsgüter, die bilanzielle Behandlung der Zuschüsse und die Berücksichtigung steuerlicher Aspekte (z. B. Erstellung von monatlichen Umsatzvoranmeldungen) eine wesentliche Rolle. Liegt ein BgA vor, sind neben der Erfassung im doppischen Haushalt auch die Erstellung von Gewinnermittlungen und Steuererklärungen für das Finanzamt notwendig.
     

    Fazit

    Der Breitbandausbau ist ein wesentlicher Meilenstein der Digitalen Agenda der Bundesregierung. Die Kommunen stehen dabei vor vielfältigen technischen, finanziellen und rechtlichen Herausforderungen. Auch sind Fragen der Körperschaft- und Umsatzsteuerpflicht zu klären. So kann es – zum Beispiel – durchaus sinnvoll sein, den Breitbandausbau zum Anlass zu nehmen, frühzeitiger auf das „neue“ Umsatzsteuerrecht umzustellen. Im Einzelfall werden auch Abstimmungen mit dem zuständigen Finanzamt notwendig sein. Die „Bilanzierung“ des Breitbandausbaus im doppischen Haushalt muss ebenfalls geklärt werden. Nicht zuletzt müssen die Kommunen beim Breitbandausbau über die technischen, finanziellen und steuerlichen Aspekte hinaus, das Vergaberecht und das EU-Beihilferecht beachten. Somit ist die Einbindung von externem steuerlichem Sachverstand zu empfehlen.


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