WISSENSWERTES | 20.06.2016

Befristung von Arbeitsverträgen durch öffentliche Arbeitgeber

An der inzwischen weit verbreiteten Praxis der Befristung von Arbeitsverträgen und insbesondere Kettenbefristungen entzündet sich zunehmend sowohl gesellschaftliche als auch rechtspolitische Kritik. Dennoch stellen befristete Arbeitsverträge neben dem Einsatz von Leiharbeitnehmern für den Arbeitgeber ein Instrument zur flexiblen Personalplanung und für den Arbeitnehmer im besten Fall einen ersten Schritt hin zu einer dauerhaften Beschäftigung dar.

Grundlagen

Die Zulässigkeit und Rechtsfolgen von befristeten Arbeitsverträgen sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) geregelt. Grundlegend zu unterscheiden sind die Befristung mit Sachgrund einerseits und die Befristung ohne Sachgrund andererseits.

Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrages nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Besondere Praxisrelevanz kommt insbesondere den Befristungsgründen des vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG sowie der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG zu. Gemäß § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nur bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Die Befristung bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, § 14 Abs. 4 TzBfG.

Ist die Befristung rechtsunwirksam, weil die zulässige Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung verstrichen und auch kein Sachgrund gegeben ist, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen, § 16 TzBfG. Allerdings muss der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der Befristung innerhalb der Klagefrist von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages mittels einer sog. Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht geltend machen, § 17 TzBfG. Wird diese Frist versäumt, gilt das Arbeitsverhältnis – trotz einer gegebenenfalls unwirksamen Befristungsabrede – als von Anfang an rechtswirksam befristet.

Geltung von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für öffentliche Arbeitgeber

Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 9. September 2015, Az. 7 AZR 190/14 klargestellt, dass § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für öffentliche Arbeitgeber ebenso wie für private Arbeitgeber gilt.

In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt wurde der klagende Arbeitnehmer von der beklagten Bundesagentur für Arbeit im Rahmen des Bundesprogramms „Perspektive 50plus“ befristet als Vollzeitbeschäftigter eingestellt. Das BAG urteilte, dass sich eine Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG weder aus dem Wortlaut der Norm noch aus dem Gesetzeszweck ergibt und auch nicht unionsrechtlich geboten ist. Stattdessen wird zum einen sowohl öffentlichen als auch privaten Arbeitgebern die Möglichkeit eröffnet, auf eine unsichere und schwankende Auftragslage und wechselnde Marktbedingungen durch Neueinstellungen flexibel zu reagieren; zum anderen soll die befristete Beschäftigung für den Arbeitnehmer eine Alternative zur Arbeitslosigkeit und eine Brücke zur Dauerbeschäftigung sein.

Fazit und Empfehlungen

Für öffentliche Arbeitgeber wurde durch die Rechtsprechung des BAG mehr Rechtssicherheit in Bezug auf die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung und hierdurch auch mehr Flexibilität geschaffen. Erhöhte Vorsicht ist jedoch unverändert dann geboten, wenn die zulässige Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung von zwei Jahren insbesondere durch mehrmalige Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrages erreicht wird. Dann ist eine wirksame Befristung nur bei Vorliegen eines Sachgrundes nach § 14 Abs. 1 TzBfG im Zeitpunkt der Befristungsabrede gegeben, wofür wiederum der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig ist.

Für den Arbeitnehmer kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Arbeitgeber handelt. Hat er Zweifel an der Wirksamkeit einer Befristung seines Arbeitsvertrages, darf er die ab dem vereinbarten Ende des Arbeitsvertrages beginnende dreiwöchige Klagefrist des § 17 TzBfG in beiden Fällen nicht ungenutzt verstreichen lassen.


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