WISSENSWERTES | 12.03.2020

Arbeitsrechtliche Auswirkungen der Corona-Krise

 

Täglich erreichen uns neue Meldungen zur Corona-Krise. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind enorm. In der Praxis stellt sich die Frage, welche arbeitsrechtlichen Konsequenzen die Krise hat und haben kann. Nachfolgend stellen wir Ihnen dar, was Arbeitgeber nun beachten sollten.

 

Vorsichtsmaßnahmen

 

Wer jetzt noch keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hat, sollte das angesichts der sich verschärfenden Lage dringend tun. Hierzu sollten

  • die Mitarbeiter über die Entstehung und die Symptome der Infektion sowie aktuelle Meldungen aufgeklärt werden,
  • Dienstreisen in gefährdete Gegenden ab- und untersagt werden. Die aktuellen Reisewarnungen sind unter https://www.auswaertiges-amt.de/de/ReiseUndSicherheit/covid-19/2296762 abrufbar. Risikogebiete sind unter https://www.kvs-sachsen.de/aktuell/corona-virus/ aufgeführt.
  • Mitarbeiter aufgefordert werden, private Reisen in Risikogebiete zu unterlassen,
  • Mitarbeiter aufgefordert werden, mitzuteilen, wenn sie den Verdacht haben, an dem Virus erkrankt zu sein oder Kontakt mit infizierten Personen hatten.
  • Die bekannten Hygienemaßnahmen angeordnet werden (häufiges Händewaschen, Niesen in die Armbeuge, Abstand halten, Unterlassen des Händeschüttelns u.a.).

Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, sollte mit diesem ein Krisenplan ausgearbeitet werden, der mögliche weitere Maßnahmen enthält.

 

Folgen ohne konkreten Verdachtsfall im Betrieb

 

Gibt es im Unternehmen keinen konkreten Verdachtsfall, kann ganz normal weitergearbeitet werden. Mitarbeiter haben grundsätzlich weiterhin ihre Arbeitsleistung zu erbringen.

 

Arbeiten im Home Office

 

Will der Arbeitgeber als weitere Vorsichtsmaßnahme den Betrieb schließen, kann er die Mitarbeiter zur Arbeit im Home Office nur dann auffordern, wenn das arbeitsvertraglich vereinbart ist. Existiert dazu keine Regelung, sollte das mit den Mitarbeitern besprochen und kurzfristig vereinbart werden.

 

Schließung von Kindergärten und Schulen

 

Sollten Kindergärten und Schulen geschlossen werden und die Arbeitnehmer keine anderweitige Betreuungsmöglichkeit für ihre Kinder haben, können sie ein Leistungsverweigerungsrecht haben. Daraus folgt aber nicht zwingend eine Pflicht zur Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Ein Anspruch auf die Fortzahlung des Entgelts kann sich aus § 616 BGB ergeben, der aber vertraglich oft abbedungen wird.

Ist das Kind selbst krank, bezahlt die gesetzliche Krankenversicherung für bis zu zehn Tage pro Kalenderjahr den Ausfall.

 

Begründeter Verdachtsfall im Betrieb

 

Tritt im Betrieb ein Verdachtsfall auf, müssen Arbeitgeber umgehend das Gesundheitsamt informieren und die betroffene Person isolieren. Ein begründeter Verdachtsfall liegt vor, wenn die Person Kontakt zu einer positiv getesteten Person hatte oder innerhalb der letzten 14 Tage in einem vom Robert-Koch-Institut genannten Risikogebiet gewesen ist und Symptome wie Fieber, Heiserkeit, Husten oder Atemnot aufweist.

Der Arbeitgeber ist in diesem Fall auch berechtigt, alle anderen Arbeitnehmer für die Inkubationszeit von 14 Tagen freizustellen, muss dann allerdings das Entgelt fortzahlen. Ordnet die Behörde bei Kontakt mit Infizierten Quarantäne nach den Vorschriften des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) an, kann der Arbeitgeber gegen das Gesundheitsamt einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten Arbeitsentgelts für die Dauer von 6 Wochen haben.

Die kassenärztliche Vereinigung Sachsen hat am 11. März 2020 neue Regelungen für die Ausstellung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erlassen, die zunächst für vier Wochen gelten (https://www.kvs-sachsen.de/aktuell/corona-virus/faq-zum-corona-virus-der-kv-sachsen/). Arbeitnehmer, die an leichten Atemwegserkrankungen leiden und bei denen kein Corona-Verdacht besteht, kann danach eine AU-Bescheinigung durch telefonische Rücksprache ausgestellt werden.

 

Neue Regelungen zur Kurzarbeit

 

Die Bundesregierung hat indes die Voraussetzungen für die Beantragung von Kurzarbeitergeld erleichtert. Die neuen Regelungen treten voraussichtlich im April 2020 in Kraft (https://www.arbeitsagentur.de/news/corona-virus-informationen-fuer-unternehmen-zum-kurzarbeitergeld). Arbeitgeber sollten sich daher bei der Bundesagentur informieren, ob sie einen Anspruch auf Erhalt von Kurzarbeitergeld haben, bevor sie Entlassungen vornehmen.

Zu beachten ist, dass der Arbeitgeber Kurzarbeit gegenüber den Arbeitnehmern nur anordnen kann, wenn das im Arbeitsvertrag oder mit dem Betriebsrat vereinbart ist. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, sollte dies mit den Arbeitnehmern bzw. dem Betriebsrat kurzfristig nachgeholt werden.

Bei weiteren Fragen sprechen Sie uns gerne an.


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