WISSENSWERTES | 05.09.2016
Wettbewerbsverstoß durch fehlende Datenschutzerklärung
Mit Urteil vom 11. März 2016 (Az. I-6 U 121/15 ) hat das Oberlandesgericht Köln entschieden, dass eine fehlende Datenschutzerklärung für ein Online-Kontaktformular auf einer Webseite einen spürbaren Wettbewerbsverstoß darstellt.
Datenschutzrechtliche Hinweispflichten
Die Parteien des Rechtsstreit sind Anbieter von Steuerberatungs-dienstleistungen. Dem Streit zugrunde liegen mögliche datenschutzrechtliche Hinweispflichten der Antragsgegnerin in Bezug auf ein Kontaktformular, das sie in der Vergangenheit auf ihrer Webseite bereitgehalten hat. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG hat ein Diensteanbieter den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb der Europäischen Union in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist. Zudem hat der Diensteanbieter gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 TMG den Nutzer vor Erklärung einer elektronischen Einwilligung auf sein Widerrufsrecht (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 TMG) hinzuweisen.
Den Feststellungen des Landgerichts Köln in der Vorinstanz zufolge (Urteil vom 9. Juli 2015, Az.: 31 O 126/15), fand sich eine Unterrichtung über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten weder auf der Seite des Kontaktformulars noch an anderer Stelle der Webseite der Antragsgegnerin. Ebenso fehlte ein wie auch immer gearteter Hinweis auf den jederzeit möglichen Widerruf der Einwilligung mit Wirkung für die Zukunft. Die Antragstellerin sah darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und mahnte die Antragsgegnerin – sowie ca. 30 Mitbewerber in gleich gelagerten Fällen – ab. Mangels außergerichtlicher Einigung erwirkte die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung. Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hin bestätigte das Landgericht Köln diese Beschlussverfügung.
Verstoß gegen Marktverhaltensregelung
Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Köln mit Urteil vom 11. März 2016 zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts ergeben sich der Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung aus §§ 3 Abs. 1; 4 Nr. 11 UWG a.F. bzw. 3a UWG n.F. i.V.m. § 13 TMG. Nach Auffassung des OLG Köln stellt § 13 TMG eine Marktverhaltensregelung gemäß § 4 Nr. 11 UWG a. F. (§ 3a UWG n.F.) dar. Dies ist dann der Fall, wenn die in Rede stehende Vorschrift jedenfalls auch dem Schutz der Interessen der Mitbewerber dient. § 13 TMG setze unter anderem Art. 10 der Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) um, die nicht nur datenbezogene Grundrechte gewährleisten, sondern auch den grenzüberschreitenden Verkehr personenbezogener Daten auf ein einheitliches Schutzniveau heben soll (Erwägungsgründe 1, 6 sowie 7 der Richtlinie). Ein unterschiedliches Schutzniveau würde insoweit ein Hemmnis für die Ausübung von Wirtschaftstätigkeiten auf Gemeinschaftsebene darstellen und den Wettbewerb zumindest potentiell verfälschen.
Da sie die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen (§ 13 TMG) nicht bereitgehalten habe, hat die Antragsgegnerin demnach gegen eine Marktverhaltensregelung verstoßen. Daran ändere auch der wiederholt vorgetragene Hinweis, dass sich eine ausdrückliche Information erübrigt habe, da sich Art, Umfang sowie Zweck der Erhebung und Verwendung der personenbezogenen Daten aus dem Kontaktformular selbst ergeben hätten, nichts. Denn – so die Auffassung des OLG Köln – § 13 TMG verlange gerade eine allgemein verständliche (tatsächliche) Unterrichtung, derer sich der Dienstanbieter nicht allein dadurch entledigen kann, dass ein Verbraucher möglicherweise auch aus der Art der Datenerhebung und den weiteren Umständen selbst die notwendige Information beziehen kann, welche Daten wofür konkret verwendet werden.
Schließlich sei das Fehlen der gesetzlich geforderten datenschutzrechtlichen Hinweise auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern gemäß § 4 Nr. 11 UWG a. F. spürbar zu beeinträchtigen. Es sei jedenfalls nicht gänzlich auszuschließen, dass ein Verbraucher sich durch einen klar erteilten Hinweise auf die Speicherung und Verwendung der personenbezogenen Daten davon abhalten lassen würde, das Kontaktformular auszufüllen bzw. sich wegen Fehlens eines entsprechenden Hinweises davon abhalten lässt, eine etwaige Einwilligung zu widerrufen.
Datenschutzerklärung sollte vorgehalten werden
Die zugrundeliegende Rechtsfrage, inwieweit das Fehlen einer Datenschutzerklärung bei der Verwendung eines Online-Kontaktformulars einen spürbaren Wettbewerbsverstoß darstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden. Das OLG Köln folgt in der hier dargestellten Entscheidung der Linie des OLG Hamburg (Urteil vom 27. Juni 2013, Az. 3 U 26/12). Demgegenüber war das KG Berlin im Jahr 2011 (Beschluss vom 29. April 2011, Az. 5 W 88/11) noch davon ausgegangen, dass das Erfassen personenbezogener Daten von Besuchern einer Webseite und deren Weiterleitung sowie die an diese Vorgänge anknüpfende Informationspflicht des § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG den Marktauftritt des Webseitenbetreibers nicht unmittelbar betreffen.
Aufgrund dieser rechtlichen Gemengelage ist selbst Betreibern von rein informatorischen Webseiten, die allerdings ein Kontaktformular vorhalten, derzeit zu empfehlen, Datenschutzerklärungen in den Webauftritt einzubinden, die den Nutzer detailliert über Art, Umfang und Zwecke der mit dem jeweiligen Kontaktvorgang verbundenen Datenerhebungen und Datenverarbeitungen informieren. Die Datenschutzhinweise sollten unmittelbar auf sämtlichen Unterseiten des Webauftritts (Header bzw. Footer) verfügbar gemacht werden.