WISSENSWERTES | 03.03.2025

Vorstand und Geschäftsführer aufgepasst! – Datenschutzverstoß als Kündigungsgrund

 

Kein Unrechtsbewusstsein

 

Vorstände und Geschäftsführer neigen häufig und meist sogar regelmäßig dazu, sich bestimmte Unterlagen aus dem geschäftlichen Bereich des von ihnen geleiteten Unternehmens auf einem privaten Datenträger zu sichern oder an eine private E-Mail-Adresse weiterzuleiten. Als Grund wird oft angegeben, dass man im Falle der Abberufung und Kündigung in der Lage sein möchte, sich sachgerecht gegen diese bzw. gegen eventuelle Haftungsansprüche verteidigen zu können. Zudem möchte man für nachlaufende finanzielle Ansprüche auf Tantiemen und anderen Long-Term-Incentives die dafür maßgeblichen wirtschaftlichen Unterlagen griffbereit haben. Diese weit verbreitete Praxis findet bei den Gerichten allerdings wenig Gegenliebe.

 

Trotzdem Jobverlust

 

So entschied das Oberlandesgericht München erst im Juli 2024 (Az. 7 U 351/23 e), dass ein Vorstandsmitglied außerordentlich gekündigt werden kann, wenn es „sensible Daten“ an seinen privaten E-Mail-Account weitergeleitet hat. Solches Verhalten sei ein wesentlicher Verstoß gegen die DSGVO (insbesondere gegen deren Art. 6 Abs. 1 und Art. 32) und damit ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB. Zwar liege kein Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht aus § 93 Abs. 1 Satz 3 AktG vor, jedoch gegen die Pflicht zur Regeltreue (Legalitätspflicht) aus § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG. Die oben skizzierten Rechtfertigungsüberlegungen des Vor­standsmitgliedes seien nicht geeignet, das Verhalten zu rechtfertigen, weil ihm nach seiner Abberufung ein Einsichtsrecht nach § 810 BGB zustehe, wenn es Unterlagen des Unternehmens für eine Verteidigung benötigen sollte. Die handels- und steuer­rechtlichen Aufbewahrungspflichten des Unternehmens würden zudem vor unzeitiger Vernichtung der Unterlagen hinreichend schützen. Das Verhalten des Vorstandsmitgliedes sei objektiv rechtswidrig, vorsätzlich und als Akt vorsorglicher Selbsthilfe nicht schützenswert.

 

Neuer Rechtsprechungstrend

 

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts München kommt nicht überraschend, allenfalls in seiner Deutlichkeit. Bereits seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass Datenschutzverstöße für Beschäftigte den (fristlosen) Jobverlust bedeuten können.

 

So hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bereits im Mai 2017 (Az. 7 Sa 28/17), also kurz vor Inkrafttreten der DSGVO, die sehr umfangreiche Weiterleitung von dienstlichen E-Mails an die private E-Mail-Adresse für eine fristlose Kündigung ausreichen lassen. Hinzu kam in dem entschiedenen Fall allerdings, dass der Arbeit­nehmer in Arbeitsvertragsverhandlungen mit einem Konkurrenten seines Arbeit­gebers stand und so die konkrete Gefahr bestand, dass er die weitergeleiteten Infor­mationen zum Nachteil seines bisherigen Arbeitgebers einsetzen wollte.

 

In der jüngeren Zeit hat das Landesarbeitsgericht Sachsen im April 2022 (Az. 9 Sa 250/21) sogar das bloße Liegenlassen von Akten sowie die fehlende Entsorgung von Datenmüll als Verstoß gegen eine „Clean Desk Policy“ für eine Kündigung aus­reichen lassen.

 

Im August 2024 sah das Arbeitsgericht Mannheim (Az. 5 Ca 101/23) obendrein die Kündigung eines gegen Kündigungen besonders geschützten Wahlvorstands­mitglieds wegen Weiterleitung von sensiblen Daten an seine private E-Mail-Adresse als wirksam an.

 

Praxisfolgen

 

Vorstände und Geschäftsführer haben bei ihrer Anwerbung meist die Möglichkeit, über den Inhalt der ihnen angebotenen Dienstverträge verhandeln zu können. Wem also der vorsorgliche Schutz wichtig ist, sollte diese Möglichkeit nutzen, Regelungs­wünsche zu kommunizieren, die es dem Organmitglied ermöglichen oder erleich­tern, Zugriff auf bestimmte Unterlagen zu haben oder zu erhalten, wenn man nach dem Ausscheiden aus dem Unternehmen besonders gewappnet sein möchte. Wer diese Chance nicht nutzt und später zur Selbsthilfe greift, der muss damit rechnen, dass aus der vertanen Chance ein schlimmes Ende wird. Die oft anzutreffende Fokussierung auf Vergütung und Dienstwagen reicht also nicht immer, um einen guten und vorteilhaften Dienstvertrag zu gestalten.


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