WISSENSWERTES | 30.01.2018
Reform des Bauvertragsrechts – Baukammern in Sachsen
Das am 1. Januar 2018 in Kraft getretene Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualenRechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren hat zu wesentlichen Änderungen des Werkvertragsrechtes geführt, worüber ich hier bereits berichtet habe.
§ 72a GVG – Streitigkeiten im Zusammenhang mit Bauleistungen
Für die betroffenen Architekten, Ingenieure und Firmen der Bauwirtschaft eher unbemerkt ist durch dieses Gesetz ein neuer § 72a GVG in das Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) eingefügt worden. Danach sind ab dem 1. Januar 2018 an allen Landgerichten Kammern mit einer Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten
- aus Bau- und Architektenverträgen sowie
- aus Ingenieurverträgen, soweit sie im Zusammenhang mit Bauleistungen stehen,
zu bilden (§ 72a Satz 1 Ziffer 2 GVG). Das gilt aber nicht für Streitigkeiten, die wegen ihres geringen Streitwertes (≤ 5.000,00 Euro) bei den Amtsgerichten zu führen sind.
Personalie der entscheidenden Richter steht fest
Nach der Gesetzesbegründung soll § 72a GVG die Idee umsetzen, dass eine häufigere Befassung mit einer bestimmten Materie zu einer Qualitätssteigerung führt. Die Einrichtung spezialisierter Spruchkörper in diesen Streitigkeiten soll sicherstellen, dass innerhalb des Gerichts eine häufigere Befassung der entscheidenden Spruchkörper mit dieser Materie eintritt, da die Verfahrenseingänge ausschließlich der spezialisierten Kammer zugewiesen werden.
Dies führt in der Praxis dazu, dass die Personalie der entscheidenden Richterinnen und Richter durch die Sonderzuweisungen der Rechtsmaterie an Spezialkammern mittels richterlicher Geschäftsverteilungspläne vorbestimmt wird.
Spezialkammern I. Instanz an den Landgerichten Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zwickau und Görlitz
Die sächsischen Landgerichte sind diesen gesetzlichen Vorgaben fristgerecht nachgekommen und haben für Rechtsstreitigkeiten in I. Instanz die Sonderzuständigkeit folgenden Kammern zugeordnet (Stand 1. Januar 2018):
Landgericht | Zuständige Kammer | Kammerbesetzung |
Leipzig | 1. Zivilkammer | VRiinLG Voos
RiinLG Asam RiLG Benzler Ri Knittel |
2. Zivilkammer | VRiLG Knochenstiern
RiinLG Kaden RiLG Wichelhaus RiinAG Schmüdgen Ri Ricken |
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Dresden | 3. Zivilkammer (ohne Architektenhonorarsachen) |
VRiLG Dr. Kies
RiinLG Kremz RiinLG Rohe RiLG Dr. Dreher RiinLG Freifrau von Müffling-Kunert |
4. Zivilkammer | VRiinLG Sandig
RiLG Böss RiinLG Schultz |
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6. Zivilkammer (ohne Architektenhonorarsachen) | VRiLG Becker
RiLG Dr. Brauns RiinLG Loer-Wesch RiinLG Neuenzeit |
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10. Zivilkammer (ohne Architektenhonorarsachen) | VRiinLG Staats
RiLG Prade RiLG Dück |
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Chemnitz | 2. Zivilkammer | VRiLG Holzinger, U.
RiLG Klyne RiinLG Pohl-Kukowski Ri Schönfeld |
6. Zivilkammer | VRiLG Bonitz
RiLG Froede RiinLG Holzinger, D. RiLG Scholz |
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Zwickau | 5. Zivilkammer
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PräsLG Kirst
RiLG Bayer RiLG Wasmer |
7. Zivilkammer | VRiLG Eckhardt
RiLG Schulte RiLG Varga |
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Görlitz | 1. Zivilkammer | VRiinLG Preuß
RiLG Gocha RiinLG Schletter RiLG Wiezorek |
6. Zivilkammer (Außenstelle Bautzen) | VRiLG Lucas
RiLG Schade RiLG Fischer |
Das Landgericht Dresden hat eine weitere Spezialisierung vorgenommen und Verfahren über Architektenhonorare ausschließlich der 4. Zivilkammer zugewiesen.
Spezialkammern in II. Instanz vor den Landgerichten Leipzig, Dresden, Chemnitz, Zwickau und Görlitz
Landgericht | Zuständige Kammer | Kammerbesetzung |
Leipzig | 1. Zivilkammer | VRiinLG Voos
RiinLG Asam RiLG Benzler Ri Knittel |
2. Zivilkammer | VRiLG Knochenstiern
RiinLG Kaden RiLG Wichelhaus RiinAG Schmüdgen Ri Ricken |
|
Dresden | 3. Zivilkammer | VRiLG Dr. Kies
RiinLG Kremz RiinLG Rohe RiLG Dr. Dreher RiinLG Freifrau von Müffling-Kunert |
Chemnitz | 3. Zivilkammer | VRiLG Frei
RiinLG Buck RiLG Seifert RiLG Nitsche RiLG Dr. Heiner |
Zwickau | 6. Zivilkammer | VRiLG Reneberg
RiinLG Heinze RiLG Luthe |
Görlitz | 2. Zivilkammer | VRiinLG Preuß
RiLG Gocha RiinLG Schletter RiLG Wiezorek |
Kammerentscheidung statt Einzelrichter
Gemäß der ebenfalls angepassten Regelung in § 348 Abs. 1 Nr. 2. c) ZPO entscheidet zukünftig in Bau-, Architekten- und Ingenieurstreitigkeiten im Zusammenhang mit Bauleistungen nicht mehr originär ein Einzelrichter. Neu eingehende Verfahren werden, soweit sie diese Spezialzuständigkeiten betreffen, im Grundsatz von der gesamten Kammer entschieden.
Ausblick
Es ist zu wünschen, dass durch die Einführung der Spezialzuständigkeit das gesetzgeberische Motiv der weiteren Spezialisierung der Richterkollegen erreicht wird. Um einen flächendeckenden verbesserten Rechtsschutz zu gewährleisten, müsste jedoch auch bei den Amtsgerichten, also für Streitigkeiten bis einschließlich 5.000,00 Euro, Sonderzuständigkeiten geregelt werden. Ob sich durch die Neuerungen auch die seit jeher in Bausachen bemängelte lange Verfahrensdauer deutlich verkürzen wird, oder ob zukünftig noch öfter außergerichtliche Streitlösungsmodelle, z.B. die Streitlösungsordnung der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. und des Deutschen Beton und Bautechnik Vereins e.V. – SL Bau, angewandt werden, ist abzuwarten.
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