WISSENSWERTES | 27.02.2019

Nicht genommener Urlaub – Aufklärungspflicht des Arbeitgebers

 

Mit Urteil vom 19. Februar 2019, Az. 9 AZR 541/15 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Rechte von Arbeitnehmern bezüglich ihres Urlaubsanspruchs gestärkt.
In dem entschiedenen Fall war der Kläger bei dem Beklagten als Wissenschaftler angestellt. Er schied zum 31. Dezember 2013 aus dem Arbeitsverhältnis aus und verlangte von der Beklagten die Abgeltung von 51 Urlaubstagen aus den Jahren 2012 und 2013. Einen Antrag auf Gewährung des Urlaubs hatte er im laufenden Arbeitsverhältnis nicht gestellt.

 

LAG München: Arbeitgeber muss von sich aus Urlaub gewähren

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hatte in der zweiten Instanz der Klage stattgegeben. Zur Begründung führte es an, dass die Urlaubsansprüche des Klägers zwar zum Jahresende verfallen seien. Der Kläger habe aber einen Anspruch auf Schadensersatz in Form von Ersatzurlaub, weil der Beklagte seiner Verpflichtung, ihm von sich aus rechtzeitig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekommen sei. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei der Ersatzurlaubsanspruch abzugelten (Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 6. Mai 2015 – 8 Sa 982/14). Hiergegen legte der Arbeitgeber erfolgreich Revision zum BAG ein, das die Sache zur weiteren Aufklärung an das LAG zurückverwies.

 

Regelung des § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG

Nach § 7 Abs. 3 S. 1 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) verfällt der Jahresurlaub, wenn er nicht bis zum Ende des Jahres gewährt und genommen wurde. Das galt bisher selbst dann, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Kam der Arbeitgeber der Aufforderung nicht nach, hatten Arbeitnehmer jedoch unter Umständen einen Schadensersatzanspruch. Dieser war während des Arbeitsverhältnisses auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach Beendigung auf Abgeltung in Geld gerichtet.

 

Bundesarbeitsgericht: Mitteilungspflicht des Arbeitgebers

Das Bundesarbeitsgericht hat am 19. Februar 2019 entschieden, dass § 7 BUrlG den Arbeitgeber zwar nicht zwingt, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.

 

Praxishinweis

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts führt zu einem erhöhten Bürokratieaufwand für Arbeitgeber. Es ist zu empfehlen, rechtzeitig vor Jahresende alle Arbeitnehmer aufzufordern, ihren Resturlaub zu nehmen und gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass der Jahresurlaub sonst verfallen kann. Dies kann mit einem Zweizeiler in der Gehaltsabrechnung erfolgen. Der Hinweis sollte allerdings deutlich hervorgehoben werden, um die Anforderungen des BAG nach einer klaren Mitteilung nachzukommen.


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