WISSENSWERTES | 17.02.2025
Neuerung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Bayern
Sowohl auf Genehmigungsebene als auch im Bauleitplanverfahren gelten seit einigen Wochen wesentliche Neuerung bei der Realisierung von PV-Freiflächenanlagen:
Genehmigungsverfahren
Mit dem ersten Modernisierungsgesetz hat der Bayerische Landtag noch im vergangenen Jahr eine Änderung der Bayerischen Bauordnung (BayBO) beschlossen, die zum 01. Januar 2025 in Kraft getreten ist.
Eine vermeintliche Verfahrenserleichterung, die für Projektierer von Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) von besonderem Interesse sein dürfte, ist die Änderung des Art. 57 BayBO.
Art. 57 Abs. 1 Nr. 3 lit a BayBO sieht in der seit 1. Januar 2025 geltenden Fassung vor, dass Solarenergieanlagen, die gem. § 35 Abs. 1 Nr. 8 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässig sind, keiner Baugenehmigung bedürfen, mithin verfahrensfrei sind.
Hierzu gehören seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur sofortigen Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Erneuerbaren Energien im Städtebaurecht im Jahr 2023 nicht nur PV-Anlagen auf Dach- und Außenwandflächen, wenn die Anlage dem jeweiligen Gebäude baulich untergeordnet ist (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 lit a)), sondern auch Freiflächen – Photovoltaik (PV) – Anlagen auf Flächen neben Autobahnen oder Schienenwegen mit einer Entfernung von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn (§ 35 Abs. 1 Nr. 8 lit. b)).
Diese bauordnungsrechtliche Verfahrensfreistellung von im Außenbereich privilegierten PV-Freiflächenanlagen geht jedoch nicht nur mit Erleichterungen einher. Auf folgende wichtige Aspekte muss dabei hingewiesen werden:
– Sonstige Genehmigungen müssen „zusammengesucht“ werden. Die Errichtung einer Freiflächen-PV-Anlage ist im Außenbereich regelmäßig mit einem Eingriff in Natur und Landschaft verbunden. Dafür bedarf es einer naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung. Daneben kommen naturschutzrechtliche Genehmigungspflichten je nach Fall etwa für artenschutzrechtliche oder biotopschutzrechtliche Ausnahmen sowie Ausnahmen von Verboten in LSG, NSG usw. in Betracht. Auch eine etwaige Unterschreitung von Waldabständen oder gar Waldumwandlung ist unter Umständen nötig und mit entsprechenden Genehmigungen verbunden. Auch das Denkmalschutzrecht kann im Einzelfall eine Rolle spielen (Stichwort: Umgebungsschutz). Diese Genehmigungserteilung wird nicht mehr wie sonst üblich im Baugenehmigungsverfahren gebündelt.
– Es erfolgt mit der Genehmigungsfreiheit eine erhebliche Verlagerung des Risikos der Einhaltung materieller Vorgaben auf den Vorhabenträger. Denn gemäß Art. 55 Abs. 2 BayBO entbindet die Genehmigungsfreistellung nicht von der Verpflichtung zur Einhaltung der Anforderungen, die durch öffentlich-rechtliche Vorschriften an Anlagen gestellt werden. Sie lässt zudem die bauaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse unberührt.
– Ungeklärt ist schließlich auch, wem gegenüber die nach § 35 Abs. 5 S. 2 BauGB erforderliche Rückbauverpflichtung erklärt und gesichert werden soll, zumal gemäß § 35 Abs. 5 S. 3 BauGB die Baugenehmigungsbehörde die Einhaltung der Verpflichtung sicherzustellen hat.
Ob daher die Verfahrensfreistellung am Ende einen Mehrwert für den Vorhabenträger hat, insbesondere mit Blick eine mögliche Zeitersparnis bei der Vorhabenrealisierung, wird die Zukunft zeigen.
Bauleitplanung
Auch in der Bauleitplanung für Photovoltaik-Freiflächenanlagen gelten in Bayern seit wenigen Wochen entscheidende Neuerungen. Das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr (StMB) hat zum 5. Dezember 2024 einen Leitfaden zur Berücksichtigung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auf Bauleitplanebene bei der Ausweisung von Flächen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen herausgegeben. Er dient als Ergänzung zu dem seit 2021 geltenden Leitfaden „Bauen in Einklang mit Natur und Landschaft“ zu den Eingriffsregelungen in der Bauleitplanung und soll den Besonderheiten von PV-Freiflächenanlagen Rechnung tragen.
Dabei geht der Leitfaden nicht nur auf die Besonderheiten von PV-Freiflächenanlagen mit Blick auf die in die Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB einzustellenden Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes ein und schlägt konkrete Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen vor. Der Leitfaden definiert vielmehr pauschalierte Anwendungsfälle, in denen die Ausweisung von Flächen für PV-Freiflächenanlagen im sog. (untechnisch gesprochenen) vereinfachten Verfahren ohne Ausgleich des Eingriffs in den Naturhaushalt und damit ohne zusätzliche Flächeninanspruchnahme möglich sein soll. Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen soll die Einschätzung getroffen werden können, dass keine erhebliche Beeinträchtigung des Naturhauhalts und folglich auch kein damit zusammenhängender Ausgleichsbedarf entsteht. Das Erfordernis für den Ausgleich eines Eingriffs in die Landschaft bleibt daneben bestehen.
Die Ermittlung, ob die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens für die geplante Fläche möglich ist, ist gemäß Leitfaden in mehreren Schritten vorzunehmen. Hierfür wurden zwei Anwendungsfälle definiert, in denen von davon ausgegangen werden kann, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen des Naturhaushalts zu besorgen sind.
In allen anderen Fällen hat – wie gehabt – neben den Vermeidungs- und Ausgleichsmaßnahmen für den Eingriff in das Landschaftsbild die Bestimmung des erforderlichen Ausgleichsbedarfs unter Berücksichtigung des bereits bekannten Leitfadens „Bauen in Einklang mit Natur und Landschaft“ zu erfolgen. Aber auch hier gilt, dass über die Festsetzung des Ausgleichsbedarfs im Rahmen der gem. §§ 1a Abs. 3 S. 1, 1 Abs. 7 BauGB vorzunehmenden Abwägung entschieden wird.
Fazit
Die Rechtslage zur Realisierung von PV-Freiflächenanlagen ist nicht nur in Bayern sehr dynamisch. Sowohl bei privilegierten Vorhaben als auch bei der Realisierung von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans und auf dem Weg dorthin ergeben sich bundeslandspezifische Besonderheiten.
Wir unterstützen private Vorhabenträger bei der Umsetzung von EE-Vorhaben und können dabei auf unsere langjährige Erfahrung im Umgang mit Zulassungsbehörden und Kommunen bauen. Gerne beraten wir Sie auch zu Ihrem Projekt.
Dr. Götz Brückner, Dr. Julia Rauschenbach