WISSENSWERTES | 03.04.2017
GmbH – Aufforderung zur Stammkapitaleinzahlung mittels Einschreiben
Der Bundesgerichtshof hat sich in einem aktuellen Urteil vom 27. September 2016, Az. II ZR 299/15 ausführlich mit den formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung zur Einzahlung von Stammkapital einer GmbH mittels eingeschriebenen Briefs gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG auseinandergesetzt.
Einzahlung von Stammkapital und Kaduzierung
§ 21 GmbHG ermöglicht den Ausschluss von Gesellschaftern wegen nicht rechtzeitiger Einzahlung von Einlagen (sog. Kaduzierung) und regelt deren weitere Folgen. Bei dem Kaduzierungsverfahren handelt es sich um das schärfste Schwert, um rückständige Beträge von Gesellschaftern auf die von ihnen geschuldeten Einlagen zu realisieren. Zwar kann die Gesellschaft zunächst versuchen, die Einzahlung offener Beträge im Klageweg gegen die Gesellschafter durchzusetzen. Von praktischer Relevanz ist aber vor allem die Kaduzierung als effektives Druckmittel gegenüber säumigen Gesellschaftern. Zu diesem Zweck sieht § 21 Abs. 1 GmbHG zunächst eine erneute Aufforderung zur Zahlung unter Nachfristsetzung und Androhung des Ausschlusses vor. Die Aufforderung hat durch die Gesellschaft, vertreten durch den Geschäftsführer, zu erfolgen. Erst nach erfolglosem Ablauf dieser Frist kann der säumige Gesellschafter seines Geschäftsanteils und der geleisteten Teilzahlungen zu Gunsten der Gesellschaft für verlustig erklärt werden, § 21 Abs. 2 Satz 1 GmbHG.
Einschreiben i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG
In diesem Zusammenhang judizierte der BGH, dass die formalen Anforderungen einer erneuten Aufforderung mittels „eingeschriebenen Briefes“ gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG auch durch ein Einwurf-Einschreiben der Deutschen Post AG gewahrt werden.
In begrüßenswert instruktiver Form stellte der BGH zunächst die verschiedenen – im allgemeinen Sprachgebrauch oftmals unter dem Oberbegriff „Einschreiben“ zusammengefassten – Formen von Einschreiben dar (Einwurf-Einschreiben, Übergabe-Einschreiben, Übergabe-Einschreiben mit Rückschein).
Der BGH lehnte ausdrücklich eine im Schrifttum weit verbreitete Auffassung ab, dass ein eingeschriebener Brief im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG nur durch ein Übergabe-Einschreiben gewahrt werde. Stattdessen schloss sich der BGH der Gegenauffassung an, dass eine Zahlungsaufforderung durch Einwurf-Einschreiben genügt. Zur Begründung führte der BGH aus, dass der Sinn und Zweck der formalen Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG in der Sicherung des Zugangs sowie der Beweisführung besteht, damit der Fristlauf zum Schutz des Gesellschafters als Erklärungsempfänger zweifelsfrei kontrolliert werden kann. Insoweit erachtete der BGH das Einwurf-Einschreiben dem Übergabe-Einschreiben zumindest als gleichwertig.
Eine Absage erteilte der BGH auch einer verbreiteten Literaturmeinung, nach der die Gesellschaft den Beweis des Zugangs der Zahlungsaufforderung bereits mit dem Nachweis der Absendung durch Vorlage des Einlieferungsbeleges führen kann. Stattdessen bedarf es neben der Vorlage des Einlieferungsbeleges zusätzlich der Vorlage des Auslieferungsbelegs. Erst dann besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Zahlungsaufforderung in den Briefkasten des Empfängers eingelegt wurde.
Fazit und Empfehlungen
Nachdem nun höchstrichterlich geklärt ist, dass neben dem Übergabe-Einschreiben auch ein Einwurf-Einschreiben die formalen Anforderungen des § 21 Abs. 1 Satz 2 GmbHG erfüllt, besteht in dieser Frage Rechtssicherheit.
Das Einwurf-Einschreiben ist insoweit vorzugswürdig, da bei einem Übergabe-Einschreiben das Risiko besteht, dass der Zugang nicht bewirkt werden kann, weil dem Empfänger die Sendung nur gegen Unterschrift ausgehändigt wird und im Falle von dessen Abwesenheit oder fehlender Empfangsbereitschaft der bloße Zugang des Benachrichtigungsscheins den Zugang des Einschreibebriefes nicht ersetzt.
Doch auch außerhalb des Gesellschaftsrechts gilt: Immer dann, wenn durch eine Erklärung eine Frist ausgelöst oder eingehalten werden soll (z.B. bei Kündigungsfristen), ist das Einwurf-Einschreiben dem Übergabe-Einschreiben vorzuziehen, wenn und soweit eine strengere Form im Einzelfall nicht vertraglich oder gesetzlich vorgeschrieben ist. Zu achten ist allerdings darauf, dass für einen Nachweis auch ein Auslieferungsbeleg vorliegen muss.