WISSENSWERTES | 18.08.2021
Digitaler Zugang zur Justiz
In mehrerer Hinsicht arbeiten neben der Europäischen Kommission auch Bund und Länder an einer weiteren Digitalisierung der Justiz in Deutschland. Nicht zuletzt dürften COVID19 und die damit einhergehenden Lockdowns für das Vorantreiben der Vereinfachung des Zuganges zur Ziviljustiz verantwortlich sein.
Digitalisierung des Gerichtsalltags – „Videoverhandlung“
Der Ausbruch der Pandemie machte deutlich, wie wichtig digitale Werkzeuge für schnelles und effizientes Arbeiten und wie groß dabei die Lücken in der deutschen Justiz in diesem Bereich noch sind. Die schon länger gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung von einem anderen Ort, § 128a ZPO, wurde vor dem Jahr 2020 eher selten genutzt. Beim Blick auf die gerichtliche Ausstattung verwundert das auch nicht. So verfügte beispielsweise Sachsen-Anhalt laut dem Deutschen Richterbund vor rund einem Jahr nur über drei Videokonferenzanlagen . Bürgerfreundlichkeit und Infektionsschutz sind neben den ersparten Reisekosten und Zeitaufwand für Anwälte und Parteien die nennenswertesten Vorteile der jetzt aus dem Dornröschenschlaf erwachten „Video-Verhandlung“. An der Nachjustierung der digitalen Ausstattung der Gerichte arbeiten die Länder inzwischen mit Nachdruck und bringen so die Digitalisierung der Justiz voran.
Elektronischer Rechtsverkehr
Auch die elektronische Akte (eAkte) soll bald flächendeckend zum Einsatz kommen. Von der elektronischen Akteneinsicht bis zur elektronischen Signatur sollen mit der eAkte die Bearbeitungsschritte digital erfolgen.
Seit Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) und der damit einhergehenden Pflicht zum Vorhalten elektronischer Kommunikationswege mit den Gerichten ist der elektronische Rechtsverkehr etabliert. Ab 1. Januar 2022 wird die Einreichung von Schriftsätzen in elektronischer Form verpflichtend, worüber wir schon bei anderer Gelegenheit berichteten. Dieser Kommunikationsweg bleibt derzeit noch Anwältinnen und Anwälten, Notarinnen und Notaren sowie Behörden vorbehalten.
Klageerhebung via Online-Tool
Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz arbeitet jedoch bereits zusammen mit „Tech4Germany“, einem unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzleramtes stehenden Fellowship-Programm, an der Entwicklung digitaler Klagewege. Die als riskant und aufwendig empfundenen Zugänge zum Gericht sollen auch Bürgerinnen und Bürgern dadurch erleichtert werden. Hierzu soll ein bundesweit einheitliches Justizportal geschaffen werden.
Ausblick
Die Digitalisierung der Justiz ist ein zentrales Anliegen moderner Reformbewegungen, bei denen auch Verhandlungen im virtuellen Raum vorangetrieben werden.
So existiert ein Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 12. Februar 2021, der mit wenigen Änderungsvorschlägen bereits am 26. März 2021 vom Bundesrat angenommen wurde. Mit einer Verabschiedung ist zwar frühestens im Herbst dieses Jahres zu rechnen, der Entwurf beinhaltet aber gewichtige Änderungen, die voraussichtlich einen erheblichen Einfluss auf die elektronische Einreichung von Dokumenten bei den Gerichten haben werden. Beispielsweise sollen technische Anforderungen an das beim Gericht einzureichende Dokument verringert werden.
Auch die Länder arbeiten mit Nachdruck an der Digitalisierung ihrer Justiz. So hat beispielsweise das Niedersächsische Justizministerium einen Masterplan der Digitalisierung beschlossen, der auch die erforderlichen Investitionen in die Justiz vorsieht. Bayern und Baden-Württemberg haben an zahlreichen Land- und Oberlandesgerichten die zivilrechtliche eAkte eingeführt, wie bereits Anfang 2020 schon das Amtsgericht Dresden.
Fazit
Die Nutzung digitaler Instrumente kann die Korrespondenz mit Gerichten verbessern – zukünftig auch für Bürgerinnen und Bürger, Verbände und sonstige Rechtssuchende. Die Digitalisierung fördert aber auch die Arbeitsbedingungen der Gerichte und Staatsanwaltschaften, indem Verfahrensakten künftig elektronisch geführt und die Effizienz dadurch gesteigert werden kann. Diese zeitgemäße, dem digitalen Zeitalter entsprechende, letztlich auch bürgerfreundliche Entwicklung ist zu begrüßen.
Rechtsanwältin Lisa Maier