WISSENSWERTES | 04.05.2020

Corona-Maßnahmen in Sachsen – Prozesserfolg für PHP: Teilweise Verfassungswidrigkeit behördlicher Geschäftsschließungen und Entschädigungsansprüche

 

Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes vom 30. April 2020

 

Das höchste sächsische Gericht hat die Öffnungsverbote für Ladengeschäfte, die der Freistaat Sachsen durch Rechtsverordnung vom 17. April 2020 („Corona-Schutz-Verordnung“) vorgesehen hatte, in Teilen vorläufig für verfassungswidrig erklärt. Dies betrifft das Verbot der sog. Teilflächenabsperrung. § 7 der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung untersagte es dem Großteil der Ladengeschäfte mit einer Verkaufsflächengröße von mehr als 800 m² zu öffnen, auch wenn die Verkaufsfläche durch Absperrungen auf dieses Maß reduziert worden wäre. Nach der klaren Entscheidung der Leipziger Richter ist das mit dem Gleichheitsgrundsatz der Sächsischen Verfassung (Art. 18 Abs. 1 SächsVerf, entspricht Art. 3 GG) unvereinbar.

 

PETERSEN HARDRAHT PRUGGMAYER hat die Antragsteller in allen Verfahren vertreten.

 

Folgen der Entscheidung

 

Der Beschluss des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs hebt die entsprechenden Bestimmungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung nicht auf, sondern erklärt sie nur für „unvereinbar“ mit der Verfassung.

 

Aus diesem Grund dürfen betroffene Geschäfte zwar (noch) nicht öffnen, die Betreiber erhalten aber eine deutliche Aussage über die Rechtswidrigkeit der staatlichen Maßnahme, die sie wirtschaftlich empfindlich beeinträchtigt.

 

Für das verfassungswidrige Handeln ist der Staat nach allgemeinem Staatshaftungsrecht entschädigungspflichtig (vgl. dazu bereits unseren Blogbeitrag vom 20. März 2020). Die erlittenen wirtschaftlichen Verluste der Betroffenen müssen ausgeglichen werden.

 

Erfolgreiche Entschädigungsansprüche setzen allerdings voraus, dass der Anspruchsteller sich zuvor mit zumutbaren Rechtsbehelfen gegen die verfassungswidrigen Maßnahmen des Staates gewendet hat. Einen Rechtsanspruch auf Entschädigung hat somit – trotz der der allgemeinen Unvereinbarkeit von § 7 Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – nicht jeder wirtschaftlich Betroffene, sondern nur derjenige, der zumindest versucht hat, das ihn betreffende Verbot vorläufig außer Vollzug setzen zu lassen.

 

Konsequenzen auch für die Rechtslage ab 4. Mai 2020?

 

Die aktuelle Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 30. April 2020 hat zwar auf die jüngste Entscheidung des Sächsischen Verfassungsgerichtshofs reagiert und lässt nun Teilflächenabsperrungen größerer Geschäfte zu. Sie enthält aber noch eine Reihe weiterer Regelungen, die ebenfalls aus verschiedenen Gründen verfassungsrechtliche Bedenken aufweisen – nicht nur für Einzelhandelsbetriebe, sondern auch für andere Gewerbe und Dienstleistungen.

 

Für Fragen kommen Sie gern auf uns zu.


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