WISSENSWERTES | 14.06.2021
Betriebsrat in der digitalen Arbeitswelt – Wichtige Neuerungen im Betriebsrätemodernisierungsgesetz
Am 31. März 2021 hat der Bundestag das Betriebsrätemodernisierungsgesetz beschlossen. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 28. Mai 2021 zugestimmt. Es wird in Kürze – nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten und der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt – in Kraft treten.
Das Gesetz will der immer geringeren Zahl von Betriebsräten in den Unternehmen entgegenwirken. So sollen nur noch 9 % der betriebsratsfähigen Betriebe in Westdeutschland und 10 % der betriebsratsfähigen Betriebe in Ostdeutschland über einen Betriebsrat verfügen und lediglich ca. 41 % der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Westdeutschland bzw. 36 % in Ostdeutschland von Betriebsräten vertreten werden.
Erleichterte Wahl von Betriebsräten
Vor diesem Hintergrund will das Gesetz die Wahl von Betriebsräten erleichtern. Um dieses Ziel zu erreichen, soll künftig in Betrieben mit 5 bis 100 Arbeitnehmern das vereinfachte Wahlverfahren angewandt werden können. Bisher war das nur in Betrieben mit 5 bis 50 Arbeitnehmern möglich.
Ferner wird die Anzahl der für Wahlvorschläge zu sammelnden Stützunterschriften herabgesetzt und die Anfechtungsmöglichkeiten der Wahl werden, bezogen auf die Fehlerhaftigkeit der Wählerliste, eingeschränkt.
Virtuelle Betriebsratssitzungen
Der im Zuge der Corona-Krise eingeführte § 129 BetrVG, der Betriebsräten erlaubt, Sitzungen auch virtuell abzuhalten und ihre Beschlüsse in Video- oder Telefonkonferenzen zu fassen, wird dauerhaft beibehalten. Die Präsenssitzung hat jedoch weiterhin Vorrang und der Betriebsrat muss die Möglichkeit, Sitzungen in Video- oder Telefonkonferenzen abzuhalten, in einer Geschäftsordnung festgelegt haben.
Stärkung der Mitbestimmung bei Einführung oder Anwendung künstlicher Intelligenz (KI)
Bei der Einführung oder Anwendung von Informations- und Kommunikationstechnik im Betrieb kann sich der Betriebsrat künftig einen Sachverständigen hinzuziehen. Dies war zwar bisher auch schon möglich, allerdings nur, wenn die Hinzuziehung „erforderlich“ war. Das Gesetz stellt hierfür nunmehr die Erforderlichkeit fest. Bei weiteren Mitbestimmungstatbeständen, wie der Planung von Arbeitsverfahren und –abläufen (§ 91 BetrVG) und der Festlegung von Auswahlrichtlinien (§ 95 BetrVG) wird ergänzt, dass die Mitbestimmungsrechte auch bei einem Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik Anwendung finden.
Mitbestimmung bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit
Gibt es zwar noch keinen Anspruch des Arbeitnehmers, seine Arbeitstätigkeit „mobil“ zu erbringen, so erhält der Betriebsrat mit § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG nunmehr ein starkes Mitbestimmungsrecht bei der Ausgestaltung mobiler Arbeit. Bietet der Arbeitgeber also einzelnen Arbeitnehmern an, „mobil“ zu arbeiten, wird er die konkrete Ausgestaltung zuvor mit dem Betriebsrat abstimmen müssen. Ein Initiativrecht des Betriebsrats zur Einführung mobiler Arbeit dürfte damit jedoch nicht verbunden sein.
Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit des Arbeitgebers
Seit Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) war streitig, ob der Arbeitgeber oder aber der Betriebsrat selbst als datenschutzrechtlich „Verantwortlicher“ anzusehen ist. Der Gesetzentwurf führt hier eine Klärung herbei, indem er zwar festlegt, dass der Betriebsrat bei der Verarbeitung personenbezogener Daten die Vorschriften über den Datenschutz einzuhalten hat, jedoch der Arbeitgeber als Verantwortlicher im Sinne der datenschutzrechtlichen Vorschriften anzusehen ist.
Arbeitgeber werden daher künftig ein besonderes Augenmerk darauf richten müssen, dass Betriebsräte die datenschutzrechtlichen Vorgaben einhalten, insbesondere z.B. die betrieblichen Email-Adressen nutzen, wollen sie keine Datenschutzverstöße und damit Bußgelder riskieren.