WISSENSWERTES | 16.01.2017
Ausweisung von Arbeitskosten und Materialkosten bei öffentlich-rechtlichen Beiträgen und Gebühren?
Gemeinden und Zweckverbände erhalten von Bürgern und teils von den Finanzämtern vermehrt Anfragen, ob und ggf. in welchem Umfang in Gebühren- und Beitragsbescheiden (z.B. Wasser, Abwasser, Straße) Kosten für Arbeitsleistungen und Material enthalten sind. Handlungsbedarf für die Hoheitsträger besteht hier jedoch nicht; solche Kosten müssen nicht gesondert ausgewiesen werden, sofern und solange die Gebühren und Beiträge hoheitlich auf gesetzlicher und satzungsrechtlicher Grundlage erhoben werden.
Das hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit seinem Anwendungserlass zur
„Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse
und für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen (§ 35a EStG)“ vom 9. November 2016 zur Anwendung des § 35 a EStG geklärt.
Hoheitlich abgerechnete Maßnahmen auf gesetzlicher Grundlage
Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand oder einem von ihr beauftragten Dritten auf gesetzlicher Grundlage erbracht und nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden, sind danach nicht im Rahmen des § 35a EstG steuerbegünstigt – eine Ausweisung der o.g. Details ist daher nicht erforderlich. Dies betrifft Gebühren und Beiträge zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, den Anschlusskostenersatz, Erschließungs- und Straßenbaubeiträge und auch Straßenreinigungskosten – sofern sie auf satzungsrechtlicher Grundlage mittels Abgabenbescheid erhoben werden (vgl. III. 3. des BMF-Schreibens vom 9. November 2016).
Abrechnungen auf privatrechtlicher Grundlage
Werden die o.g. Kosten von Gemeinde oder Zweckverband auf privatrechtlicher Grundlage verlangt (Entgelte), sind dennoch nicht alle Arbeits- und Materialkosten steuerbegünstigt. Denn der Anwendungsbereich des § 35a EstG ist auf Leistungen zugunsten des Grundstücks und des Haushalts beschränkt. Werden also o.g. Kosten nicht hoheitlich mittels Abgabenbescheid, sondern auf privatrechtlicher Grundlage in Rechnung gestellt und betreffen sie Maßnahmen außerhalb von Grundstück und Haushalt, z.B. im öffentlichen Straßenraum bis zur Grundstücksgrenze, sind sie nicht steuerbegünstigt (vgl. Anlage 1 des BMF-Schreibens vom 9. November 2016 zu den Stichworten „Abwasserentsorgung“ und „Hausanschlüsse an Versorgungs- und Entsorgungsnetze“).
Fazit
Wenn also die Gemeinde oder der Zweckverband von Grundstückseigentümern oder vom Finanzamt aufgefordert wird, Angaben über die in den festgesetzten Gebühren oder Beiträgen enthaltenen Kosten von Arbeitsleistungen und Material zu machen, ist dies oft nicht nur unmöglich, sondern auch rechtlich nicht nötig. Der Hoheitsträger kann darauf verweisen, dass es sich um öffentlich-rechtliche Abgaben auf gesetzlicher und satzungsrechtlicher Grundlage handelt sowie darauf, dass keine Leistungen innerhalb des privaten Grundstücks bzw. Haushalts abgerechnet wurden.
Weiter ist derzeit kein Handeln erforderlich. Die Frage, ob tatsächlich eine Leistung im Sinne des § 35a EStG vorliegt oder nicht, wird aber letztlich von der Finanzgerichtsbarkeit zu entscheiden sein und nicht durch einen Anwendungserlass des BMF.
Sollten Sie hierzu Rückfragen haben, können Sie sich – sowohl zur öffentlich-rechtlichen als auch zur steuerlichen Beratung – gern an uns wenden.